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Dürfen Lieder verboten und zensiert werden? (abgetrennt von: Banz 2022 - Meinungen)

Verfasst: Mi 27. Jul 2022, 19:09
von Reino
Ja, dieses alte "Voltaire-Zitat" (ist in Wahrheit keines*) "Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, daß Sie sie äußern dürfen" gilt schon lange nicht mehr, eher das Gegenteil.

* Evelyn Beatrice Hall legte Voltaire den Satz in ihrer Biographiensammlung von 1906, "The Friends of Voltaire" über den Philosophen und zehn Zeitgenossen, in den Mund.
Voltaire (1694–1778, eigentlich François-Marie Arouet) hat 1765 in "Questions sur les Miracles" allerdings etwas Ähnliches, allerdings ohne das herrliche Pathos geschrieben:
"Das Recht zu sagen und zu drucken, was wir denken, ist eines jeden freien Menschen Recht, welches man ihm nicht vorenthalten kann, ohne eine widerwärtige Tyrannei auszuüben. Dieses Vorrecht ist für uns ein grundsätzliches, und es wäre unschön, wenn jene, die die Souveränität innehaben, ihre Meinung nicht mehr schriftlich äußern dürften."
In dieser Form impliziert der Satz aber, dass es auch weniger freie und souveräne Menschen geben kann, und dies womöglich zu Recht.

Dürfen Lieder verboten und zensiert werden? (abgetrennt von: Banz 2022 - Meinungen)

Verfasst: Mi 27. Jul 2022, 20:45
von Reino
Ich hab übrigens, um den Bogen zu den Reinhard-Mey-Interview zu spannen, 1975 im Rahmen eines Treffens der AG Song Hanns Dieter Hüsch getroffen, der von den damals noch nicht lange zurückliegenden Diskussionsforderungen-Angriffen auf seine Auftritte berichtete. Die fanden ja nicht nur auf der Waldeck stand, sondern praktisch bei jedem seiner Konzerte. Er ist deshalb einige Jahre vorwiegend in der friedlichen Schweiz aufgetreten. Er war damals noch sehr angefasst von der Situation (ich bezog das seinerzeit auf die Waldeck, aber wahrscheinlich ging es vorwiegend auf die folgenden Ereignisse zurück).

Mit zwei der damaligen Störer hatte ich auch persönlich zu tun: Eckhard Holler verlas 1968 die Resolution, die die Waldeck zum Zentrum des internationalen Widerstands erklärte und dazu aufforderte, die Gitarren in die Ecke zu stellen. Ab 1975 war er federführend bei der Organisation des Folk- und Liedermacher-Festivals in Tübingen, da wurden die Gitarren also wieder aus der Ecke geholt (ich hab damals die Programmhefte gestaltet).
Und Baldur Buscher (sein Vater war bei den Nerothern, die das Waldeck-Festival auf andere Weise bekämpften) erzählte mir stolz, er sei derjenige gewesen, der beim Verlesen der Resolution die Vietkong-Fahne gehalten hätte. Buscher hatte einen Comicladen, später zusätzlich einen -vertrieb und einen -verlag in Wuppertal (nein, keine Herrenboutique).

Dürfen Lieder verboten und zensiert werden? (abgetrennt von: Banz 2022 - Meinungen)

Verfasst: Do 6. Jul 2023, 21:50
von Reino
Barde Zitat: Mi 20. Jul 2022, 12:18
Mir ist der Spruch eines alten Zen-Meisters in den Sinn gekommen, der sagte "Sünde ist ein Mangel an Erkenntnis"
und Keuschheit ein Mangel an Gelegenheit.

Passt auch auf Unbestechlichkeit).

Dürfen Lieder verboten und zensiert werden? (abgetrennt von: Banz 2022 - Meinungen)

Verfasst: Fr 7. Jul 2023, 00:20
von Benutzer 141 gelöscht
Da kommt mir in den Sinn, wir könnten doch theoretisch mal wieder Threads zusammenführen

("Wider die Spaltung der Gesellschaft" :achtungironie: )

Liederverbot, Zensur - hm, ...stand da nicht gerade was Topaktuelles im Raum/im Forum? Dann schlagen wir doch den großen Bogen vom süddeutschen Banz über die Zensur und die Liederverbote hinweg nach Hannover und den Anliegen junger Musikstud*irrenden

Mir kommt ein 80jähriger Altbarde in den Sinn, der seinem etliche Jahre jüngeren Kollegen vielleicht wohlwollend zuraunt: "Bodo, sorg dich nicht, die kriegen sich wieder ein. Meine Lieder haben denen damals auch nicht gepasst. Schreib doch Lieder über die deutsche Eiche und sich daran kratzende Schweine, bis sich die Aufregung wieder legt Und: Nie den Humor verlieren"