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"Der Wecker" - ein ZEIT-Artikel über Konstantin Wecker vom 11.07.2021

Verfasst: So 11. Jul 2021, 17:14
von migoe
Auf der Webseite der Wochenzeitung ZEIT wurde heute ein Artikel unter dem Titel "Der Wecker" veröffentlicht - eine Art Homestory von Anja Maier 
Screenshot-zeit.de-artikel-der-wecker-21-07-11.jpg
Mindestens genauso interessant wie der Artikel (Wecker Fans finden nicht wirklich sehr viel neue Informationen) sind die Reaktionen in Form von Kommentaren unter dem Artikel - einige "Kommentare" wurde bereits gelöscht, weil es wohl leider mittlerweile in einem gewissen Maß immer wieder unflätige und persönlich beleidigende Beiträge, ohne Kontext aber dafür mit viel Hass und Hetze, gibt. Ich finde es gut, dass auf zeit.de diese Beiträge kommentiert gelöscht werden. Sicher wird es von einigen so verstanden (oder hingestellt) , dass damit bestimmte Meinungen unterdrückt werden sollen, die scheinbar nicht in die eigene "Blase" passen. Das sehe ich nicht so, denn es hat natürlich jede/r das Recht, sich eine Meinung zu einem Künstler zu bilden und sie auch anderen mitzuteilen, dies sollte aber jedem/r in einem normalen und respektvollen Ton möglich sein.

Ich kann aber verstehen, dass es Leser*innen triggert, wenn die Autorin des Artikels Sätze wie diese hier schreibt:
Bekannt ist Konstantin Wecker als einer von den Guten. Ein linker Bayer mit sehr selbstbewusster Attitüde und dem Traum von einer gerechten Welt, in der oben und unten, richtig und falsch scheinbar mühelos zu trennen und zu benennen sind.
Hier wird die eigene Einstellung zum Künstler wiedergegeben und sicher gibt es einige, die das gutheißen und genauso sehen, aber bei mir führen solche Zuordnungen erst einmal auf Skepsis und Widerspruch, denn gerade jemand wie Konstantin Wecker ist mit seiner Lebensgeschichte im Hinterkopf eindeutig ambivalent und kann deshalb eben nicht einfach so zu "den Guten" - aber auch nicht zu "den Schlechten" gestellt werden (was ja sowieso schon Unsinn ist, weil welcher Mensch ist schon nur "gut" oder nur "schlecht"?). Ich persönlich finde es manchmal "unangenehm", wie Konstantin Wecker seine "Kritik am System" anbringt und würde mich (und auch ihn) nicht unbedingt zu den "Guten" zählen, weil ich finde, jeder Mensch ist gleichzeitig Teil des Problems UND der Lösung - mein Anteil am Problem ist aber sicher größer als z.B. der Anteil irgendeines Random-Bürgers in Nigeria (nur als Beispiel), denn ich lebe in dem Teil der menschlichen Zivilisation (ca. 15% der Menschheit), der davon profitiert, dass es Menschen "woanders" besonders schwer haben.

Nicht dramatisch, aber schade, weil der angenehm zu lesende Artikel dem Menschen Konstantin Wecker ansonsten versucht, objektiv zu berichten, wie es dem Künstler im Moment geht und wie er und seine Musik einzuordnen ist.

Wie seht Ihr das? Habe ich das Recht, Konstantin Wecker die Zuordnung zu "den Guten" abzusprechen? Hat Euch der Artikel etwas Neues über Konstantin Wecker erzählt und wer überhaupt ist dieser [note=Danger Dan]Ich gebe zu, mir ist dieser junge Mann gut bekannt und ich habe sein Album "Alles von der Kunstfreiheit gedeckt" gerne gehört - dazu gibt es eine informative Sendung bei Deutschlandfunk[/note]?



Wenn der Artikel nicht mehr verfügbar sein sollte...
Konstantin Wecker_ Der Wecker _ ZEIT ONLINE.pdf


"Der Wecker" - ein ZEIT-Artikel über Konstantin Wecker vom 11.07.2021

Verfasst: Mo 12. Jul 2021, 10:54
von Michael
Danke, lieber Michael, für diesen Text. Das ist mal ein sehr schönes und liebevoll gemachtes Stück, finde ich.
Bekannt ist Konstantin Wecker als einer von den Guten. Ein linker Bayer mit sehr selbstbewusster Attitüde und dem Traum von einer gerechten Welt, in der oben und unten, richtig und falsch scheinbar mühelos zu trennen und zu benennen sind.
Hier wird die eigene Einstellung zum Künstler wiedergegeben und sicher gibt es einige, die das gutheißen und genauso sehen, aber bei mir führen solche Zuordnungen erst einmal auf Skepsis und Widerspruch, denn gerade jemand wie Konstantin Wecker ist mit seiner Lebensgeschichte im Hinterkopf eindeutig ambivalent und kann deshalb eben nicht einfach so zu "den Guten" - aber auch nicht zu "den Schlechten" gestellt werden
Nö, da wird nicht die "eigene Einstellung" wiedergegeben, sondern das Klischee (sie benutzt sogar das Wörtchen "scheinbar" korrekt, was auch für Journalisten nicht selbstverständlich ist). Und mit dem und seinen Widersprüchen arbeitet der Text dann. Die leicht ironische Distanz ist durchgängig zu spüren - wenn der Vaporizer ins Spiel kommt, der Hinweis, dass er Gendersprache benutzt, die Familienfotos. Nur am Ende, als es um das Sterben der Eltern geht, hält sie es nicht durch, das wäre auch nicht angemessen, aber dadurch ist der Text nicht hundertprozentig stimmig. Trotzdem mag ich solche Stücke, eben weil sie nicht krampfhaft versuchen, "etwas Neues" zu bringen. Das Stimmungsbild, der neue Bick auf den Menschen und das Werk ist es, was den Reiz solcher Feuilleton-Texte für mich ausmacht.

Und Danger Dan? Danke, dass du auf ihn aufmerksam machst, ich habe schon länger den Eindruck, ich müsste mal mein Portfolio erweitern und - ehrlich gesagt - dieses Forum auch. Wenn ein Liedermacher, dessen Album auf Platz eins der Charts steht, hier nicht vorkäme, wäre das ein absolutes Armutszeugnis.

Liebe Grüße, Michael

"Der Wecker" - ein ZEIT-Artikel über Konstantin Wecker vom 11.07.2021

Verfasst: Di 13. Jul 2021, 21:00
von migoe
Lieber Michael,
Michael Zitat: Mo 12. Jul 2021, 10:54
Und Danger Dan? Danke, dass du auf ihn aufmerksam machst, ich habe schon länger den Eindruck, ich müsste mal mein Portfolio erweitern und - ehrlich gesagt - dieses Forum auch. Wenn ein Liedermacher, dessen Album auf Platz eins der Charts steht, hier nicht vorkäme, wäre das ein absolutes Armutszeugnis.
Ich wollte schon länger einen Beitrag über Danger Dan schreiben, aber irgendwie konnte ich mich nicht aufraffen, aber jetzt werde ich mich noch einmal damit beschäftigen. Mal sehen, was ich daraus mache...

Danke für das Feedback.