Interessantes Thema, "die 1968er".
Im Gegensatz zu Konstantin Wecker (Jahrgang 1947) habe ich (Jahrgang 1964) diese Zeit nicht bewusst erlebt, aber das, was in diesen Jahren passiert ist, hat sicherlich auch mein Leben entscheidend beeinflusst.
Als ich 1971 eingeschult wurde, haben die Lehrerinnen nicht mehr ganz selbstverständlich Kinder geschlagen, so wie noch bei meinen älteren Brüdern, die vor 1968 eingeschult waren, obwohl die Prügelstrafe in Schulen auch da schon längst verboten gewesen war, aber noch immer praktiziert wurde.
Ab 1975 auf dem Gymnasium wurde die Nazi-Zeit nicht mehr (wie in den 50ern und 60ern) totgeschwiegen, sondern z. T. ausführlich thematisiert, insbesondere (aber nicht nur) von jungen LehrerInnen, die 1968 vielleicht noch studiert hatten. Und dass so etwas wie die Nazi-Zeit
nie wieder passieren darf, war an meiner Schule allgemeiner Konsens. Es gab zwar auch damals schon intensive Versuche der NPD-Jugendorganisation, uns durch Lagerfeuerabende und Geländespiele auf ihre Seite zu ziehen, aber die allermeisten von uns waren gegen solche Versuche immun und sind es bis heute, sicherlich auch durch den Einfluss unser "1968er"-LehrerInnen.
Während meines Studiums (Erziehungswissenschften) ab 1986 waren Nazis und rechte Burschenschaften (von denen es im linken Marburg jede Menge gibt) absolut tabu, und ich wurde überwiegend von ProfessorInnen und DozentInnen unterrichtet, die eben dieser "1968er-Studentenbewegung" entstammten und meine fachliche Einstellung (z. B. zum Thema Inklusion) bis heute entscheidend geprägt haben.
Kurzum, der Einfluss dieser "1968er" hat sich bis heute positiv auf unser Land und unsere Demokratie ausgewirkt. Und vieles davon ist in meinen Augen aufgrund des allgemeinen Rechtsrucks gerade massiv in Gefahr...
"Wenn man als junger Mensch aussah wie ein Hippie und sich einigermaßen treu geblieben ist, sieht man als alter Sack halt aus wie ein Penner und nicht wie Joschka Fischer."
Harry Rowohlt (1945-2015)