Hannes Wader kommt regelmäßig nach Langenfeld. Das ist gut so. So habe ich ihn das erste Mal live erlebt. Vor 12 Jahren. Damals noch unbestuhlt. Ich kannte kaum ein Stück, nur seinen Namen und war restlos begeistert.
Auch von den 3 Besuchen danach war ich angetan. Wobei jedes Konzert auf seine Weise anders wirkte. Und das, obwohl er seit Jahr und Tag alleine und nur mit Gitarre auf der Bühne steht. Sein Repertoire ist einfach sehr reichhaltig. Es reicht vom Lied mit trockenen Humor und Sarkasmus, über lyrisch-poetische Stücke, Balladen bis hin zum Arbeiter- und Volkslied. Ich hätte mir früher nie träumen lassen (vor allem nicht nach meinem Musikunterricht), dass mir „Ade, nun zur guten Nacht“ so gut gefallen könnte.
Leider kam die diesjährige Auswahl seiner Konzertstücke nicht so gut rüber. Der Anfang mit „Heute hier, morgen dort“, „Nach Hamburg“ und dem grandiosen „Hotel zur langen Dämmerung“ war zunächst noch vielversprechend. Im Vortrag wie in der Anmoderation. Doch für mein Empfinden verflachte danach der aufgebaute Spannungsbogen. Der Schwerpunkt lag eindeutig auf dem politischen Lied. Hannes Wader verzettelte sich dabei.
Das Stück, mit dem er seine Familienchronik aufblätterte, war Spiegelbild dafür. Angekündigt mit den Worten: „Länger als der „Tankerkönig“, nur kürzer als das Niebelungenlied (1200 Strophen)“ zog es sich tatsächlich zu sehr in die Länge. Die uneinheiltliche Melodieführung machte es zudem schwer, dem Text zu folgen.
Auch die bei vielen Stücken eingestreuten Strophen in anderen Sprachen (Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Plattdeutsch) wirkten konzeptlos.
Der Funke sprang erst wieder über, als er mit „Stellungnahme“ eindringlich und nachvollziehbar seine Wut und Hilflosigkeit darüber zum Ausdruck brachte, dass Neonazis sich seiner Lieder bedienen und deren Aussagen ins Gegenteil verkehren.
Nach all den vielen Jahren als Liedermacher geht Hannes Wader immer noch nicht locker mit seinem Publikum um. Improvisationsfähigkeit ist nicht seine Stärke. Offensichtlich leicht erkältet, bekam er Mitte der ersten Konzerthälfte von einer Zuschauerin ein Glas Wasser an den Bühnenrand gestellt. Man konnte sehen, wie er überlegte, ob und wie er reagieren sollte. Schließlich sagte er, das sei ja sehr nett, aber er bräuchte kein Wasser. Fuhr in seiner Moderation fort, nahm das Glas dann doch („wo es schon mal da ist“) und trank einen Schluck, wobei sich ein verlegenes Lächeln über das sonst so konzentrierte Gesicht zog. Oh, das täte ja doch gut. Sehr sogar. Sprach’s und nahm unter Beifall zwei weitere Schlucke. Aber gerade dieser scheue Zug macht ihn nach wie vor sympathisch.
Für mich versöhnlich, mit einem mittelalterlichen, wunderschönen Stück von Bellmann und unter starkem Beifall, verabschiedete sich Hannes Wader.
Bis zum nächsten Mal.