Wildfremde schrieb:
Ich hoffe sehr, daß dieses Zitat, weil gesprochen und unvermarktet, so verwendet werden kann. :frage:
Wenn nicht, belehrt mich -bitte-sehr-bitte-gleich- eines besseren. :piep:
*belehrmodus ein*
An dieser Stelle greift ein Beispiel, das ich vor längerer Zeit schon mal an einer anderen Stelle gebracht habe:
Wenn ich durch den Wald spaziere und gerade so richtig gut drauf bin und mir eine Melodie einfällt und ich diese vor mich hinpfeife, greift in diesem Augenblick bereits das Urheberrecht. Es muß nichts niedergeschrieben sein, es muß nichts markttauglich abgepackt werden - im Augenblick des Entstehens habe ich bereits die vollen Rechte als Urheber.
Läuft hinter mir einer her, bekommt die Melodie mit und ich treffe ihn zwei Stunden später an einem Wirtshaus im Wald wieder, wo er meine Melodie vor Publikum pfeift, dafür fleißig Bravo-Rufe, einen Plattenvertrag und einen kräftigen Vorschuß einstreicht, habe ich als Urheber bereits zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit, mich auf das Urheberrecht zu berufen. Wird mir im gegebenen Fall zwar etwas schwerfallen, vor allem, was die Beweislage angeht, aber grundsätzlich ginge es schon. Ich kann zwar nicht verhindern, daß dieser *** (zensiert) sich ungefragt über meine Sachen hermacht ... also - jedenfalls nicht mit rechtlichen Mitteln ... ihm die Zähne einschlagen, damit er nur noch halb so gerade pfeifen kann, ginge zwar schon noch, aber diese Methode lehne ich als friedliebender Mensch - auch nach Rücksprache mit meinem Anwalt - ab (oder betrachte sie höchstens als allerallerletzte Möglichkeit ...), ich kann aber verhindern, daß er a) meine Ideen als seine ausgibt, b) meine Ideen nach seinem Gutdünken zurechtbiegt und c) versucht, mich mit einem warmen Händedruck abszuspeisen, während ihm selbst durch meine Melodie die Millionen niagara-gleich auf's Konto plätschern.
Dasselbe gilt nicht nur für Melodien, die aus meiner Feder stammen, sondern auch für Zitate, die mir aus dem Mund fallen. Das heißt nun allerdings nicht, daß ich jedes Mal, wenn jemand meine Redewendungen nutzt, entlohnt werden muß. Das deutsche Urheberrecht gibt gewisse Regeln vor, die dafür sorgen sollen, daß - mal ganz einfach gesprochen - das Land sich kulturell und wissenschaftlich weiterentwickeln kann. Den Hintergedanken mit der Informationsfreiheit erwähne ich hier nur, möchte ihn allerdings nicht weiter ausführen, weil's eindeutig zu weit führen würde.
Die Regeln, die in diesem Fall zu beachten sind:
Es werden drei Zitatformen unterschieden.
a) Großzitate (komplette Liedtexte, komplette Gedichte, komplette Bücher, komplette Beipackzettel, was weiß ich ... ganze Werke jedenfalls)
Diese sind absolut hundertprozentig und wirklich so was von vollständig tabu im Liedermacher-Forum, sofern nicht die Genehmigung des Urhebers vorliegt! Großzitate sind ausschließlich in wissenschaftlichen Arbeiten zulässig, wobei dabei für die Deutschen wichtig ist, daß diese Werke bereits erschienen sein müssen! Die Ösis und die Eidgenossen haben da meines Wissens eigene Regelungen, aber da dieses Forum in Deutschland seinen Sitz hat, kommen diese beiden Gruppen wohl nicht umhin, sich auch an das deutsche Recht zu halten.
b) Kleinzitate (mal zwo Zeilen hier, einen Aphorismus da, eine Floskel dort drüben, einen Satz da hinten ...)
sind zulässig. Für diese gelten weiterführende Regeln (siehe unten).
c) Bildzitate, Musikzitate, Filmzitate
Die ignoriere ich einfach mal, weil ich denke, daß hier im Forum keiner auf den Gedanken kommt, Filme zu drehen, diese mit Zitaten aus anderen Filmen zu durchziehen und sie dann hier als Beitrag einzustellen. Ich glaube nicht, daß wir damit in der nächsten Zeit Probleme bekommen werden, also -> *pf*
Kommen wir zu den Regeln für den Einsatz der Kleinzitate:
1. Kennzeichnung eines Zitats
Schon mal das Wichtigste, sonst gibt's Popoklatsch vom Anwalt. Im Extremfall kann Dir ein nicht gekennzeichnetes größeres Zitat als Plagiatsversuch untergeschoben werden. Willst Du nicht, wollen wir nicht, will ich auch nicht, drum sag' ich's.
2. Quellenangaben
Das hat den Vorteil, daß Du erstens den Urheber genannt hast, was sein Ego schon mal befriedigt, und zweitens hast Du damit bereits erwiesen, daß Du diesem Urheber nicht eigenwillig Worte in den Mund gelegt hast, was auch übel enden kann. Darüber hinaus hast Du einen kleinen juristischen Bonus auf Deiner Seite, wenn das Zitat von Dir zwar fehlerhaft wiedergegeben wurde, Du aber nachweisen kannst, daß das Zitat bereits in der von Dir verwendeten Quelle diesen Fehler aufwies.
3. Änderungen der Zitate nach Möglichkeit unterlassen!
Änderungen der Zitate können mitunter sinnvoll sein, wenn z. B. die Grammatik nicht stimmt oder wenn es nicht nötig ist, eine komplette Passage zu zitieren; in diesem Fall sind Änderungen zu kennzeichnen! Der Sinn darf dabei allerdings keinesfalls! verändert werden. Dran denken: Juristen sind Nadel-im-Heuhaufen-Sucher!
Sagt einer "Ich bin sicher, daß kein Lebewesen diese Aufgabe meistern kann!", zitierst Du "Ich bin sicher, daß niemand diese Aufgabe meistern kann!", hast Du bereits eine wesentliche Veränderung vorgenommen - im allgemeinen Sprachgebrauch mögen "kein Lebewesen" und "niemand" vielleicht als gleichwertig durchgehen, Juristen können Dir aus dieser Änderung aber locker einen Strick drehen.
Dasselbe gilt auch, wenn Du während eines Zitats plötzlich Lust hast, eine Sache durch Formatierungen hervorzuheben oder Deinen eigenen Senf, vielleicht in Form einer Erklärung, kurz dazwischenzuschmieren -> das sind Änderungen, die unbedingt zu kennzeichnen sind!
Es gab tatsächlich auch schon Fälle, bei denen es zu Rechtsstreitigkeiten kam, weil in der Wiedergabe eines Gedichts ein Zeilenumbruch plötzlich nicht mehr vorhanden war. Also bitte auch darauf achten, Zeilenumbrüche entweder beibehalten oder mit " / " kennzeichnen. Das wird zwar nicht von allen Leuten so eng gesehen, aber Deutschlands Juristerei ist ja bekanntermaßen deshalb überlastet, weil es genügend Korinthenkacker gibt.
4. Der restliche Beitrag muß eine eigene "Schaffenshöhe" aufweisen
Zitieren, Quellenangabe und fertig ist das Posting - so geht's nich'. Es muß eine gewisse Eigenleistung vorhanden sein, die das Zitieren rechtfertigt. Das ist auch der Grund dafür, daß die einst angelegte Zitatensammlung des Liedermacherforums nicht mehr existiert - die Schaffenshöhe war nicht gegeben. Wie diese "Schaffenshöhe" allerdings auszusehen hat, kann ich nicht sagen, da das alles Einzelfallentscheidungen sind ... wenn der Richter vielleicht schlecht gefrühstückt hat oder gerade in der Verhandlungspause beim gepflegten Skat mit Verteidiger und Staatsanwalt aus schierer Blödheit einen Durchmarsch in einen Durchfall verwandelt hat, ist er möglicherweise etwas strenger in seinem Urteil.
Sicher ist - man kann auch problemlos noch Auszüge von RM-Texten im Forum posten, sofern die Eigenleistung stimmt. Wenn einer eine Anekdote von seinem letzten durch einen Heimwerkerunfall verursachten Krankenhausaufenthalt zum besten gibt und am Ende noch zwei Zeilen aus "Ich bin Klempner von Beruf" anfügt, mit entsprechender Quellenangabe, kann - in diesem Fall - RM gar nix wollen, da die rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden.
5. Keine Verletzung der (wirtschaftlichen) Interessen des Urhebers bzw. Rechteinhabers
Du schreibst fleißig etwas, baust ein paar passende Zitate ein und setzt Deinen geistigen Auswurf dann auf eine Seite, auf der ansonsten nur Werbung zu finden ist und mit der Du Deine Seite finanzierst? Da gehen bei Juristen alle roten Lampen an, weil es bedeuten könnte, daß Du mit der Leistung Dritter Geld verdienst - und das mögen die Jungs und Mädels wirklich ganz und gar nicht. Wenn ein Luftpumpenhersteller so geschickt aus dem Werk des ehemaligen Kardinals Ratzinger zitiert, daß man auf den Gedanken kommen könnte, daß dieser in seinem Leben ausschließlich Geld für dessen Luftpumpen ausgegeben hat und nun im Vatikan für seine Produkte eintritt, dann tut dieser Luftpumpenhersteller etwas ziemlich Böses, für das er vom deutschen Gericht mindestens zu Schadensersatzzahlungen und vom gegenwärtigen vatikanischen Oberhaupt zu mindestens drei Extrarunden Fegefeuer verknackt werden wird.
Wir lernen daraus - kostenlose Zitate und eigene wirtschaftliche Interessen schließen sich gegenseitig aus.
Es gibt Ausnahmen, aber auch hier - Einzelschicksale, keine pauschale Aussage möglich.
Gut, nachdem das alles geklärt ist, gibt es noch zwei gute Nachrichten:
a) Das deutsche Urheberrecht gilt bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Danach wird sein Werk Allgemeingut und salopp gesagt darf danach jeder darin herumwildern, wie es ihm beliebt.
Damit man allerdings nicht kurz vor'm Klo doch noch die Hose beschmutzt, seien hier die Regeln dieser 70-Jahre-Regelung noch einmal klar gemacht: es gilt nicht der Todestag des Urhebers als Ausgangspunkt für diese 70 Jahre, sondern der 1. Januar, der auf den Tod dieses Künstlers folgt!
Beispiel: Der Wiener Komponist Anton (von) Webern starb am 15. September 1945, weil er sich vor seinem Haus eine Zigarette ansteckte und ein nicht ganz so zufällig des Weges kommender US-Soldat dieses Anstecken für ein Mündungsfeuer hielt, woraufhin er den Komponisten erschoß ... kleiner Beitrag zum Thema "Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit" ... der 1. Januar, der auf seinen Tod folgt, wäre der 1. Januar 1946, somit laufen die Schutzrechte für sein Werk am 31. Dezember 2016 aus und wir können uns darauf gefaßt machen, daß ab dem 1. Januar 2017 einige Bühnen plötzlich Webern wiederentdecken.
Anderes Beispiel: Jakob Wassermann, der Schriftsteller, der den "Fall Maurizius" so beeindruckend geschildert hat, starb am 1. Januar 1934. Als Ausgangspunkt für die 70 Jahre gilt nun aber der 1. Januar 1935 (!), da das der 1. Januar ist, der auf den Tod des Künstlers folgte. Somit liefen die Urheberrechte für sein Werk am 31. Dezember 2005 aus, so daß sein Werk seit dem 1. Januar dieses Jahres als Allgemeingut gilt. Das hat einigen Leuten etwas zu knabbern gegeben, die bereits im letzten Jahr Sonderauflagen seiner Werke veröffentlicht haben *fies*
b) Mit Erlaubnis des Urhebers geht natürlich alles, alles, alles
So, ich hoffe, das war nicht zu lang oder zu trocken. Falls sich irgendwelche Fehler eingeschlichen haben sollten, bitte ich darum, diese liebenswürdigerweise zu korrigieren (war schon ziemlich spät und außerdem bin ich nicht auf dem aktuellsten Stand, was das Urheberrecht angeht, zumal ich weder Jurist noch derzeit auf der Urheberrecht angewiesen bin).
Gruß
Skywise
P. S.: *belehrmodus aus*