Lieber Clemens !
Vieles von dem, was Du hier ausgeführt hast, könnte ich ohne Problem unterschreiben, und dennoch unterscheiden wir uns ein wenig in den Schlußfolgerungen, die wir daraus ziehen. Laß mich zur Erläuterung ein "klein wenig" ausholen:
Um zunächst einmal auf diesen - auch in meinen Augen mittlerweile unsäglichen - Prozeß einzugehen: Wenn Söllner jemals gesagt hätte, daß es für ihn keinen Unterschied zwischen den aufgeführten "historischen Persönlichkeiten" und dem bayerischen Herrn Minister gibt, würde auch ich mich mit Zustimmung ein wenig schwer tun. Nur - und das bestätigt ihm ja jetzt ein bayerisches Gericht - das hat er nie getan. Man darf das Zitat nur eben nicht aus dem Kontext des betreffenden Konzertes herausreißen und es gesondert betrachten, sondern muß sich immer vor Augen halten, daß gewisse, durchaus vorhandene Parallelen ja durchaus bestehen (im Einzelnen ging es ja um den "Vorgang" Mehmet, und da gibt´s mittlerweile wirklich schockierende Einzelheiten, die es einem zumindest schwer machen, Herrn Beckstein argumentativ zu folgen) und muß die - mundartlich eingefärbte Äußerung - im logischen Zusammenhang mit den weiteren Äußerungen über die Gefahr, die aus der rechten Ecke jederzeit wieder droht, betrachten.
...falsche oder halbwahre Aussagen schaden jedem Anliegen.
Natürlich ! Nur gilt das natürlich auch für den Herrn Minister, der im zitierten Fall Mehmet die gesamte Öffentlichkeit nach jüngsten Erkenntnissen schlicht dreist angelogen hat. Ob er damit einem - vielleicht ja sogar opportunen - Anliegen "gedient" haben mag, wage ich anzuzweifeln.
Aber mit Unrecht (kein Zweck heiligt die Mittel) kann man kein Unrecht bekämpfen.
Genauso ist es. Und auch hier gilt meine vorherige Einlassung analog. Wir sollten uns einmal fragen, was im Einzelnen Aktion und was Reaktion ist. Für mein Empfinden hat Söllner reagiert. Mit seinen Mitteln, in seiner Sprache. ("Zornig, bös, in meiner Sprach, o Gott, wia guat des tuat...") Nun ist Söllner ja nicht nur Texter, Sänger und Liedermacher, sondern in vielerlei Hinsicht auch Kabarettist. Und so ist eine Überspitzung seines Anliegens, auch ein "böses" Austeilen, durchaus legitim. (Ich war ein großer Anhänger der "Münchener Lach- und Schießgesellschaft" zur Zeit der Besetzung Basedow / Jonas / Busse / Venske / Küster. Auch da wurde manches Mal kräftig eingeschenkt. Nur: die betroffenen, kritisierten Politiker machten - selbst, wenn sie im Publikum saßen - gute Mine zum bösen Spiel. Keinem wäre es eingefallen, ob manchen Spruches die Justiz anzurufen...)
...(kein Zweck heiligt die Mittel)...
In dieser Ansicht differieren wir. Für mich heiligt der Zweck in künstlerischer Hinsicht jedes Mittel, will sagen: Satire darf, für mein Emfinden, alles. Nur, wenn einem das Lachen im Hals steckenbleibt, besteht die Chance, etwas zu erreichen. (Zitat Söllner: "Wißt´s Ihr jetzt, warum´s Ihr g´lacht habt ?" als Frage an sein Publikum...)
An Polemik steht das Lied von Hans Söllner (für mich!) vor der Reaktion...
Gut möglich, zugegeben. Nur: das Lied wiederum war eine Re- Aktion auf Becksteins Gerede und auf sein Tun. Und Beckstein ist, speziell in Bierzelten und im Bereich der "Stammtisch- Luftherrschaft" ein Polemiker reinsten Wassers, der dies auch noch freizügig zugibt. Er tut dies, um politischen Nutzen daraus ziehen zu können. Als Politiker hat er aber auch eine gewisse Verpflichtung zur (zumindest) Aufrichtigkeit. Das dürfen Du und ich und alle anderen Menschen erwarten. Vom Kabarettisten - in diesem Falle also Söllner - erwartet man dies nicht unbedingt.
Ich möchte gerade meinen Freunden oder Menschen, welche ich ob ihres Einsatzes oder ihrer Arbeit verehre, kritischer gegenüberstehen als es desinteressierte Menschen können.
Ja und nein. Ich erwarte von Künstlern wie Söllner, die sich zu einem guten Teil auch politische Statements auf ihre Fahnen schreiben, zunächst einmal die "brutalstmögliche" Hinweiskraft auf zum Teil verderbliches Handeln von Menschen, die sich honorig in der Öffentlichkeit gerieren. Daß dies auch Überspitzungen beinhaltet, das nehme ich gerne hin. Und Söllners Ansichten zur Humanität, zum Umgang miteinander, den kann ich nur unterschreiben. Einen "Ausrutscher" wie in Sachen Beckstein - wenn man es denn als solchen werten will - nehme ich dabei lieber in Kauf als eine populistische Handlung Becksteins wie im Falle "Mehmet", bei der er lieber die Zerstörung ausländischer Familien in Kauf nimmt, als von seinen geheiligten "Werten" abzurücken.
Konstruktive Kritik (und wenn dies hier so gelesen wird, wie ich es meine, sollte es genau solche sein) ist Not-wendig.
Ohne Zweifel. Nur sehe ich auch solche umstrittenen Aussagen wie die vom Söllner Hansi durchaus als solche "konstruktive Kritik", denn sie rüttelt auf. Wenn schon nicht Beckstein, dann doch uns, wie auch immer wir letztlich zu solchen Äußerungen stehen mögen. Insofern - und das wird mir jetzt beim Schreiben deutlich - hat Beckstein uns allen mit seiner Haltung vielleicht sogar einen wenn auch schwer erkennbaren Gefallen getan.
Ja zu jedem Kampf gegen Menschenverächter, aber deutliche Kritik an kontraproduktiven "Einlagen".
Das ist absolut richtig, bedeutet aber zumindest für mich: Kampf gegen Aktionen a la Beckstein (versteh mich richtig: NICHT Kampf gegen Beckstein !!!), deutliche Kritik am Verhalten dieses "Volksvertreters" - und damit letztlich Zustimmung zu Söllners Haltung. Und insofern ist der Vergleich "...früher warn´s de Juden, heit de Türk´n..." für mich nicht nur hinnehmbar, sondern absolut zulässig und durchaus vertretbar. Es geht um die zugrunde liegende Geisteshaltung.
...der heutigen braunen "Vorreiter"!
Ich glaube, daß es nun deutlich ist: Ich würde Herrn Beckstein niemals als "braunen Vorreiter" sehen. Ich befürchte nur, daß in seinen Äußerungen genau das Potential steckt, daß den genannten Vorreitern den Weg erleichtert. Das sollte er - als demokratischer Politiker zumindest - selber erkennen. Denn ich bin auch davon überzeugt, daß er nicht dumm ist. Im Gegenteil ! Aber das macht ihn bzw. seine Haltung kein Jota weniger gefährlich. Und das macht Widerstand a la Söllner um so deutlicher geboten !
Schreiben wir nicht fast alle immer wieder hier her, dass wir keine FANs sind?
Mmmmhhh. Und was mich betrifft: Ich bin kein "FAN", denn das kommt von "fanatisch". Aber beim Söllner bin ich an dem, was einen "Fan" ausmachen mag, schon recht nah dran. Ich werde dennoch, auch wenn mancher mir dies absprechen mag, für mich selber denken und für mich selber zu Ergebnissen kommen. Das kann auch ein Hans Söllner nicht für mich erledigen. (Herr Beckstein allerdings genauso wenig...)
@ Skywise:
...immerhin ist es ja nicht das erste Mal, daß Söllner mit Worten und Taten aneckt.
Eigentlich "eckt" er nur mit Worten an. Aber auch nur dort, wo es Not tut. Und "anecken" kann man ja auch nur dann, wenn man ein Profil hat. Da sehe ich bei vielen Politikern, gleich welcher Coleur, heute allerdings dringendsten Nachholbedarf.
Er hätte auch dem zufällig vorbeischlendernden Beckstein aus Versehen hinterherfurzen können und es wäre zu einem Prozess gekommen...
Es kann eben der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem "bösen" Politiker nicht gefällt. Tante Volksmund hat manchmal auch in diesem Bereich recht...
Dazu könnte ich jetzt viel schreiben, aber ich laß' es lieber.
Schade eigentlich. Aber das hab ich ja jetzt erledigt...

Nur eins: zu einem Prozess gehören immer zwei.
Drei sogar. Es braucht auch noch einen Richter, der einen Prozeß zuläßt. Und dann versucht, Recht zu sprechen. (Wobei es in diesem Falle eben letztlich nicht ein und derselbe Richter war...)
FAZIT: Irgendwie ist es doch schon super, daß eine solche Diskussion geführt wird - nur so werden wir uns darüber klar, was noch "faul" ist im Staate... Und da gibt´s so einiges, oder ? Eben !
In diesem Sinne viele, liebe Grüße aus Oberösterreich von
ANDREAS.
(...der manchmal den Verdacht hat, daß er politisch ein wenig links stehen könnte...

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