Hallo, Eurydike !
Du schreibst
...man kann sicher auch über den (erdachten, erahnten, erhofften) Privatmenschen RM und seine Ansichten diskutieren...
und sicherlich ist das möglich, keine Frage. Aaaaaber: Ist das dann wirklich eine "Diskussion" ? Ich denke, das wäre mehr die Unterhaltung über jemandem als mit ihm. Und genau das ist es doch, was Mey an seinen "Fans" (und an manchen Äußerungen auf www- Seiten...) so stört, wenn man seinen in Interviews, Talkshows etc. getätigten Aussagen Glauben schenken darf.
Vor länger Zeit habe ich im TV anläßlich der Debatte um diese unselige "Deutschquote" ein Gespräch mit (dem von mir in letzter Zeit immer mehr geschätztem) Herbert Grönemeyer verfolgt, in dem dieser (sinngemäß) ausführte: Der Konsument sollte sich immer darüber im Klaren sein, daß das künstlerische Produkt nur äußerst selten das 1:1- Abbild des Künstlers ist. Niemand darf glauben, daß Liedtexte tatsächlich das reale Leben des Texters wiedergeben, daß alles so geschehen ist, wie es letztlich das Produkt vermittelt. Grönemeyer beklagte sich darüber, daß diese Abgrenzung im Bewußtsein vieler Hörer mehr und mehr verschwimmt und seine Kollegen und er nicht mehr als Individien wahrgenommen werden, sondern nur noch als "Produkt", das die Klischees des Publikums zu bedienen habe. Wird diese Erwartung seitens des Künstlers dann nicht bedient, ist der "Fan" sauer, weil das erschaffene Ideal nicht mit der Realität mithalten kann.
Und ich glaube, daß genau hier der Hase im Pfeffer sitzt und schnalzt: Welcher "normal" denkende Mensch käme wohl auf die Idee, bei einem gesundheitlichen Problem die "Schwarzwald- Klinik" anzurufen, um von Professor Brinkmann einen Hausbesuch zu verlangen ? Aber viele, für die das nun außerhalb jeder Vorstellung liegt, implizieren aufgrund seiner Texte Herrn Mey eine "Gutmenschlichkeit". Das führt dann geradewegs zur Diskussion, ob jemand, der bekanntermaßen Vegetarier ist, eine Lederjacke tragen "darf" oder sich einen Kneipenbesuch nur vorstellen kann, wenn er vor der Tür einen Parkplatz bekommt, obwohl er doch soo vehement für den Umweltschutz eintritt. (Übrigens tragen natürlich auch im "richtigen" Leben Vegetarier Lederkleidung, solange sie nicht "Veganer" sind, aber das ist wieder eine andere Geschichte...)
Insofern ist klar: Mey macht - für Euren und auch für meinen Geschmack - tolle Texte. Aber die erzählen letztlich nichts darüber, wer oder wie er eigentlich "ist". Das könnte man nur dann ergründen, wenn man mit ihm bekannt und vertraut wäre. Solange dies aber die Wenigsten von uns (wenn überhaupt) behaupten können, sollten wir uns damit bescheiden, die tollen Texte zur Kenntnis zu nehmen und versuchen, sie wertfrei und vor allem ohne Rückschlüsse auf den "Menschen" Mey zu genießen.
In diesem Sinne viele, liebe Grüße aus dem zur Zeit tief verscheiten Oberösterreich von
ANDREAS.
(...der mit diesen Gedanken allerdings wirklich nicht oder niemanden irgendwie "abwürgen" will...
)