Das Forum braucht einen neuen Chef Liebe Forumsgemeinschaft,

ich wende mich heute mit wichtigen Neuigkeiten an euch als Betreiber dieses Forums. Es fällt mir nicht leicht, diese Worte zu schreiben, aber aus persönlichen Gründe werde ich die Plattform zukünftig nicht mehr weiterführen können. Es ist mir ein Anliegen, euch darüber zu informieren und gleichzeitig nach einer Lösung zu suchen, damit das Forum weiterhin existieren kann. Spekulationen über die genauen Gründe sind unnötig, es hat überhaupt gar nichts mit dem Forum zu tun. Mehr Dementi wird es nicht geben.
Was sind die Gründe?
In den vergangenen Jahren wurde es für mich zunehmend schwierig, mich ausreichend um das Forum zu kümmern. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass meine eigenen Beiträge immer seltener geworden sind. Obwohl ich die Arbeit an diesem Forum und den Kontakt zu all unseren Besuchern stets als angenehme Erfahrung empfunden habe, sehe ich mich nun mit der Realität konfrontiert, dass ich die aktuelle Verantwortung nicht mehr tragen kann.
Wer macht weiter?
Dennoch bin ich fest davon überzeugt, dass dies nicht das Ende unseres geschätzten Forums sein muss. Daher wende ich mich nun an euch alle und frage in die Runde, ob jemand bereit wäre, die Domain und das gesamte Forum zu übernehmen. Die technische Administration kann ich leider ebenfalls nicht länger gewährleisten, daher suche ich nicht nur nach einem neuen Eigentümer, sondern auch nach jemandem, der die Aufgabe der Serveradministration übernimmt.
Zeitplan und organisatorische Fragen
Mein Zeitplan sieht vor, den "Betrieb" so schnell wie möglich an einen geeigneten Nachfolger zu übergeben. Sollte sich bis zu diesem Zeitpunkt niemand finden, und falls ich keine andere Möglichkeit zur Fortführung des Forums finde, müsste ich die Abmeldung des Dienstes und der Domain wahrscheinlich im April oder Mai 2024 durchführen. Diese Entscheidung würde damit zusammenhängen, dass zu diesem Zeitpunkt die jährlich gebuchten Dienste wie Server, SSL, Domain usw. verlängert werden müssten.

Bis zu diesem möglichen Übergabetermin werde ich selbstverständlich weiterhin die laufenden Kosten (ca. 150 €/Jahr) tragen und mich darum kümmern, dass der Nachfolger sich in das Forensystem, die Dateistruktur auf dem Server sowie die Administration des Servers einarbeiten kann. Meine volle Unterstützung und Erfahrung stehen demjenigen zur Verfügung, der bereit ist, dieses Forum in die Zukunft zu führen.
Bitte meldet euch bei mir, falls ihr Interesse an einer Übernahme habt oder weitere Fragen habt. Lasst uns gemeinsam nach einer Lösung suchen, dass diese Gemeinschaft auch in Zukunft bestehen bleibt.

Ich habe HIEReinen Forenbeitrag eröffnet, der auch für Replys offen ist...

bob dylan erhält den literaturnobelpreis 2016

Robert Zimmermann verkörpert als Bob Dylan den typischen Vertreter des Singer/Songweiter in den 1960er und' 70er Jahren
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Gesch hat dieses Thema gestartet
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bob dylan erhält den literaturnobelpreis 2016

Beitrag von Gesch »

gerade vernommen - gratulation!
kaum ein anderer hat so sehr die songlyrik geprägt wie er...
ich gönne ihm den preis sehr. er hat ihn mehr als verdient!!!
herzlich
gerd
Damit was geschieht, muss zunächst was passiern.
Muss man, eh sich was ändert, denn erst was verliern?
Eh man sich erholt, bleibt keine Zeit auszuruhn,
denn eh sich was tut, muss man selber was tun.


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Michael
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bob dylan erhält den literaturnobelpreis 2016

Beitrag von Michael »

Wäre ich fies, würde ich sagen: was hat er denn getan, dass man ihm einen Preis gibt, den auch Herta Müller gekriegt hat?
Aber ich bin nicht fies: eine großartige und überfällige Entscheidung.
Michael
Und vielleicht gibt es morgen ja schon den Crash,
dass die Kurse und Masken fallen.
Also laßt uns freuen und träumen davon,
wie die Racheposaunen erschallen.
Franz Josef Degenhardt

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fille
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bob dylan erhält den literaturnobelpreis 2016

Beitrag von fille »

A self-ordained professor's tongue
Too serious to fool
Spouted out that liberty
Is just equality in school
"Equality," I spoke the word
As if a wedding vow.
Ah, but I was so much older then,
I'm younger than that now.

Bob Dylan, My Back Pages

Eine gute Entscheidung! Er hat soviel Poesie geschrieben!!!
Dadurch, dass diese Poesie gesungen wird (und gecovert) wird sie weit
in die Welt getragen.
Herzlichen Glückwunsch, Bob!
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Carsten K
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bob dylan erhält den literaturnobelpreis 2016

Beitrag von Carsten K »


Michael schrieb:
Wäre ich fies, würde ich sagen: was hat er denn getan, dass man ihm einen Preis gibt, den auch Herta Müller gekriegt hat?

Ich bin mal fies und sage: Wer wäre Bob Dylan, wenn er nicht Dylan Thomas (der diesen Nobelpreis eigentlich verdient hätte, aber leider schon lange tot ist) gelesen hätte, nach welchem sich Robert Zimmerman ja dann letztendlich auch benannt hat? :-)
Aber dass ein Liedermacher in diesem Jahr den Literatur-Nobelpreis erhält, bestätigt nur meine langjährige These: Liedermacher sind demnächst wieder schwer im Kommen!...
Und wenn das so weiter geht, Margot Käßmann sich jetzt doch noch umentscheidet und Bundespräsidentin wird, Martin Schulz Bundeskanzler, dann können sich Reinhard Mey oder Wolf Biermann demnächst vielleicht ebenfalls Hoffnungen auf einen Nobelpreis machen, wobei für letzteren unter dem Friedensnobelpreis eigentlich nix geht, oder? ;-)
"Wenn man als junger Mensch aussah wie ein Hippie und sich einigermaßen treu geblieben ist, sieht man als alter Sack halt aus wie ein Penner und nicht wie Joschka Fischer."
Harry Rowohlt (1945-2015)

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fille
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bob dylan erhält den literaturnobelpreis 2016

Beitrag von fille »

Liebe Liederfreunde,
die Wahl ist natürlich umstritten und es gibt Stimmen wie "Das ist wohl ein Witz!"
Nein es ist kein Witz und ein Kommentar in meiner Zeitung hat mir heute besonders gefallen:
Es ist eine Sensation: Zum ersten Mal in der Geschichte des Literaturnobelpreises hat mit Bob Dylan ein Musiker, ein Popsänger gar, die höchste Auszeichnung für Dichter erhalten.
...
Er steht in einer Tradition singender Dichter, die bis in die Antike reicht.
...
Manch anderer Autor hat die Auszeichnung sicher genauso verdient - aber es ist nicht unwahrscheinlich, das viele von Dylans Mitbewerbern sich für ihn freuen. Weil sie Fans sind.
Quelle: MM
Der Ausdruck "singender Dichter" gefällt mir sehr. Denn das sind ja die meisten Liedermacher. Sie schreiben einfach Poesie. Dylan selbst ist kein guter Sänger, aber seine Lieder werden gecovert und so weiter getragen.
Liebe Grüße, Marianne
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Westwind
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bob dylan erhält den literaturnobelpreis 2016

Beitrag von Westwind »

Hallo zusammen,
Ich finde die Entscheidung, Bob Dylan diesen Preis zu geben, gut, wenn es auch nach 20 jährigem Anlauf, wo er immer wieder als Kandidat im Gespräch war, ziemlich spät ist.
Wer schreibt denn heutzutage noch Gedichte, die die Öffentlichkeit wahrnimmt ? Und wer außer Liedtextverfassern und Songwritern achtet noch darauf, daß sich etwas reimt ?
Hier ein Zitat aus einem Artikel der FAZ:

"Im Englischen trägt die musikalische Sparte, der der fünfundsiebzigjährige und immer noch rastlos aktive Dylan angehört, die Bezeichnung „Singer/Songwriter“. Schreiben ist also konstitutiv für die Zuordnung zu einer Künstlerexistenz, für die das Deutsche nur den unschön mechanisch klingenden Begriff „Liedermacher“ hat. Ihre Wurzel hat sie in Musik und Dichtung gleichermaßen. Mehr als in allen anderen Formen moderner Lyrik hat sich in Liedtexten allerdings der Reim gehalten; Vertreter eines traditionalistischen Verständnisses von Dichtkunst sollten sich damit anfreunden können."

Der gesamte Artikel:
FAZ-Artikel zum Nobelpreis für Bob Dylan
Beim Lesen und Hören von Meinungen in Bezug auf die Preisvergabe an Bob Dylan habe ich den Eindruck, daß Liedermachern bzw. Singer/Songwritern eher zugetraut wird, literarisch höherwertige Texte zu schreiben als Vertretern anderer Musikrichtungen. Da halte ich ein Schubladendenken allerdings für gewagt. Wenn schon die Texte verglichen werden, sollte die jeweilige musikalische Umsetzung und Wertung dabei keine Rolle spielen.
Im deutschsprachigen Raum fällt es mir nicht ganz so einfach, da jemanden zu benennen, der es am besten beherrscht. Ist immer die Frage, welche Kriterien zum Vergleich herangezogen werden, und vermutlich spielt der Geschmack auch immer eine Rolle.
Bei den Musiktexten hierzulande gibt es meines Erachtens eine Menge schlampige Reime, bzw. viele sind gar keine. Die Grenze von Popmusik zur Liedermacherei ist dabei fließend.
Die bekannteren Liedermacher haben jeweils ihren eigenen Stil, meistens solide, und dann mehr oder weniger poetisch. Von den singenden Poeten und Lyrikern würde ich persönlich von dem, wo ich halbwegs einen Überblick habe, Heinz Rudolf Kunze hervorheben, da passt der Begriff "Dichtkunst" aus meiner Sicht sehr gut. So eine Wortakrobatik à la Bodo Wartke finde ich genial, aber bei der Suche nach literarischen Delikatessen teilen sich sicher die Meinungen.
Im Radio habe ich einen witzigen Kommentar gehört:
"Man braucht jetzt zumindest nicht in eine Bücherei zu gehen, um die Texte eines Literatur-Nobelpreisträgers zu verfolgen".
In diesem Sinne:
"Don't think twice, it's all right" :-)
Georg

"Ja, ich hab einen Traum von einer Welt und ich träume ihn nicht mehr still:
Es ist eine grenzenlose Welt, in der ich leben will"
[Konstantin Wecker]

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Reino
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bob dylan erhält den literaturnobelpreis 2016

Beitrag von Reino »


fille schrieb:
Liebe Liederfreunde,
die Wahl ist natürlich umstritten und es gibt Stimmen wie "Das ist wohl ein Witz!"

Nachdem schon 1953 ein Politiker (!!!) den Literatur-Nobelpreis erhalten hat, sollte man Musiker nicht grundsätzlich ausschließen. Zumal Dylan wohl mehr mit seinen Texten als mit seiner Sangeskunst Karriere gemacht hat.

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Beitrag von fille »

Hallo Georg!
Von den singenden Poeten und Lyrikern würde ich persönlich von dem, wo ich halbwegs einen Überblick habe, Heinz Rudolf Kunze hervorheben, da passt der Begriff "Dichtkunst" aus meiner Sicht sehr gut.

Und das sagt Heinz Rudolf Kunze zum Literaturnobelpreis für Bob Dylan:
Ich finde es gut, wenn auch obskure Autoren den Preis bekommen, aber es war höchste Zeit, dass mal wieder jemand den Preis bekommt, der Millionen Menschen erreicht hat. Seit meiner Studentenzeit war er für mich eine Messlatte und ein Trost. Er hat mir gezeigt, dass es sich lohnt, komplexe Texte mit Musik zu verbinden - man kann damit Menschen erreichen.

Liebe Grüße, Marianne

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Reino
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Beitrag von Reino »


Reino schrieb:
Nachdem schon 1953 ein Politiker (!!!) den Literatur-Nobelpreis erhalten hat, sollte man Musiker nicht grundsätzlich ausschließen. Zumal Dylan wohl mehr mit seinen Texten als mit seiner Sangeskunst Karriere gemacht hat.
1902 gewann mit Theodor Mommsen ein Historiker. Ich weiß nicht, ob man seine "Römische Geschichte" wirklich mit den "Buddenbrooks" oder den Texten von Elfriede Jellinek vergleichen sollte. Bob Dylans Lieder sind zumindest nicht so monothematisch.

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Beitrag von Rex2005 »

Er hat mir gezeigt, dass es sich lohnt, komplexe Texte mit Musik zu verbinden - man kann damit Menschen erreichen.

Kunze sagte dazu auch in einer Sendung, dass durch diesen Preis die gesamte Singer/Songwriter/Liedermacher-Szene deutlich aufgewertet wurde. Man kann nur hoffen, dass sich mit dieser Wertschätzung auch entsprechende Medienvertreter auseinandersetzen. Nicht, dass im nächsten Jahr eine Helene Fischer für den Friedensnobelpreis nominiert wird ...

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Skywise
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bob dylan erhält den literaturnobelpreis 2016

Beitrag von Skywise »


Rex2005 schrieb:
Kunze sagte dazu auch in einer Sendung, dass durch diesen Preis die gesamte Singer/Songwriter/Liedermacher-Szene deutlich aufgewertet wurde.
Da bin ich mir gar nicht so sicher.
Jetzt mal völlig abgesehen davon, daß der Literaturnobelpreis ohnehin seit Jahren die falschen auszeichnet und am Einfluß vorbeiauszeichnet, ohne daß die eigene Reputation darunter leidet.
Ich gönne Bob Dylan die Auszeichnung, finde aber gleichzeitig den Zeitpunkt unmöglich. Der Nobelpreis sollte kein Lebenswerk auszeichnen, sondern die beste Leistung des vergangenen Jahres, wenn man Alfred Nobels Testament folgt. Und Bob Dylans Hommage an Frank Sinatra auf seinen beiden aktuellen Studioalben (das letzte "frische" eigene Material von Dylan kam 2012 auf den Markt) kann darauf nicht die Antwort sein. Und diese elende Scheiß-Begründung, die geliefert wurde, hätte man in Sachen Dylan auch vor fünfzig Jahren anbringen können und vor vierzig Jahren anbringen müssen ...
Darüber hinaus erscheint es mir unpassend, Bob Dylan einen Literatur-Preis zuzugestehen und dabei seine Musik, die die Wirkung der Texte in vielen Fällen noch verstärkt (wenn nicht sogar erst entfaltet), unter "ferner liefen" abzuhandeln.
Hat der Nobelpreis die gesamte Singer/Songwriter-Szene deutlich aufgewertet? Nein, wenn man bei seiner Betrachtung ein wesentliches Merkmal der Szene außen vor läßt. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob die Szene es wirklich nötig hat, sich von der Literaturszene auf die Schulter klopfen zu lassen wie ein Kleinkind, das gerade die Schleife gelernt hat. Ich kann diese "Endlich mal ein Musiker"-Rufe nicht so richtig nachvollziehen; auf mich wirken sie in etwa so bizarr wie ein "Endlich mal ein Comic-Autor"-Ruf.
Man kann nur hoffen, dass sich mit dieser Wertschätzung auch entsprechende Medienvertreter auseinandersetzen. Nicht, dass im nächsten Jahr eine Helene Fischer für den Friedensnobelpreis nominiert wird ...
Och, ich hab' mir sagen lassen, daß es einige Stellen in Deutschland gibt, die mit Schlagern beschallt werden, um die sonst dort herumhängenden Gestalten zu vertreiben. Wenn Helene Fischer mit ihrem Gesamtwerk zu den Interpreten gehört, wäre ihre Leistung schon mal deutlich höher zu werten als die manch anderes Friedensnobelpreisträgers.
Gruß
Skywise
"Ist wirklich wahr - ich hab's in meinen Träumen selbst geseh'n ..."
Herman van Veen - "Die Clowns"

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Westwind
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bob dylan erhält den literaturnobelpreis 2016

Beitrag von Westwind »

Hallo zusammen,
Skywise hat mit seiner Meinung meine Gedanken angeregt, daher melde ich mich nochmal zu dem Thema:
[Skywise schrieb:]
"Darüber hinaus erscheint es mir unpassend, Bob Dylan einen Literatur-Preis zuzugestehen und dabei seine Musik, die die Wirkung der Texte in vielen Fällen noch verstärkt (wenn nicht sogar erst entfaltet), unter "ferner liefen" abzuhandeln.
Hat der Nobelpreis die gesamte Singer/Songwriter-Szene deutlich aufgewertet? Nein, wenn man bei seiner Betrachtung ein wesentliches Merkmal der Szene außen vor läßt. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob die Szene es wirklich nötig hat, sich von der Literaturszene auf die Schulter klopfen zu lassen wie ein Kleinkind, das gerade die Schleife gelernt hat."

Teilweise sehe ich es auch so, aber ich differenziere hier gerne mal wieder: Richtig ist, daß die Musik hier nicht gewertet wird und somit wird das Gesamtwerk Bob Dylans nur teilweise geehrt. Die Singer-/Songwriter-Szene als solche hat es vielleicht nicht nötig, sich auf die Schulter klopfen zu lassen, aber was spricht dagegen, nur einen Teil des Schaffens eines Künstlers zu würdigen ? Kennern dieser Szene mag diese Preisverleihung nicht gerecht erscheinen, weil die Kenner eben mehr betrachten als nur das literarische Werk, und somit Wert auf mehr Aspekte des künstlerischen Schaffens des Protagonisten legen als ausschließlich die literarische Komponente. Jedes Kunstwerk ist aber ein Mosaiksteinchen des Spiegelbildes des Künstlers im Ganzen, der es erschafft. Da Menschen aber nicht als Ganzes verglichen werden können und sollten, werden bei Preisen eben Kriterien herangezogen, die immer nur Teilaspekte der gesamten Person und somit seines Werkes sein können. Bei Preisverleihungen liegt es leider oder zum Glück in der Natur der Sache, daß Vergleiche und somit Einzelkriterien herangezogen werden. Seien es Kriterien nach qualitativen Maßstäben, die auch wieder von irgendwelchen Gremien definiert werden und somit eine spezifische subkulturelle Norm darstellen, oder seien es Kriterien nach anderen durch Vereine, Verbänden und Interessensgemeinschaften aufgestellten Regularien und Maßstäbe. Man wird jemandem, dem ein Preis verliehen wird, und erst recht denjenigen, die den Preis nicht bekommen, nie gerecht, wenn man den kompletten Menschen und sein Schaffen beurteilen will, sondern immer nur einem Teil des Gesamtwerkes des Menschen. Das Kriterium, welcher Zeitraum als Teil des Gesamtwerkes betrachtet wird, ist egal, weil es eben immer nur ein Teil des Gesamtwerkes bleibt, ob nun zeitlich oder anhand von definierten quantitativ oder qualitativ vergleichbaren Kriterien.
Aber, und da stimme ich Skywise zu, kann es mir aber auch hier nicht verkneifen, genauer hinzuschauen: der jetzige Zeitpunkt der Vergabe des Literaturnobelpreises ist fragwürdig und darüber kann diskutiert werden, weil dieser Preis eben jährlich vergeben wird. Andererseits ist es manchmal erst möglich, so manches Werk erst mit etwas Abstand im geschichtlichen Gesamtzusammenhang zu betrachten und zu werten. Daher wäre ich dagegen gewesen, Bob Dylan den Preis schon beispielsweise 1975 zu geben. Wann also ist der optimale Zeitpunkt für die Vergabe dieses Preises ? Klar, beim Nobelpreis geht es nach Definition um die Leistung des letzten Jahres. Aber was heißt denn das ? In der Wissenschaft brauchen manche Entdeckungen auch jahrelange Zeit der Vorbereitung. Das Resultat wird dann vielleicht am Tag X präsentiert, aber die Leistung erstreckt sich, zusätzlich bedingt durch die Notwendigkeit, erstmal in Form von langjähriger Ausbildung genug Wissen anzusammeln, um überhaupt neue Entdeckungen machen zu können, über mehrere Jahren wenn nicht sogar Jahrzehnte. Vor diesen Hintergründen kann ich sehr gut damit leben, daß der Preis "erst" im Jahre 2016 vergeben wurde.
Es gibt leider nicht so viele Preise, wo die Singer-/Songwriter bzw. Liedermacherszene öffentlich gewürdigt wird, und daher betrachte ich das Argument "Endlich mal ein Musiker" als eine Art Anerkennung für einen Bereich, der auch meines Erachtens ansonsten nicht genug gewürdigt wird. Fragwürdig ist natürlich der Versuch, künstlerische Werke immer in irgendeine Schublade stecken zu wollen, was in diesem Fall bei der Vergabe des Literaturnobelpreises schon passiert, weil diese Schublade eben nicht, wie Skywise schon sagt, das gesamte künstlerische Werk würdigt. Die Verleihung des Literaturnobelpreises für Bob Dylan könnte in Form der angesprochenen "Aufwertung" tatsächlich wie Werbung für die Singer/Songwriter- bzw. Liedermacherszene gewertet werden. Meine Meinung ist, daß derjenige, der sich für ein bestimmtes Genre ansatzweise interessiert, ohnehin auch mal genauer hinschaut und dann immer noch mündig genug ist abzuwägen, ob es seinem Geschmack entspricht oder nicht. Insofern braucht dieses Genre vermutlich keine Werbung auf diese Art, und eine Aufwertung der gesamten Szene ist es meiner Meinung nach auch nicht, eher ein "Wieder-Aufmerksam-Machen auf die Szene". Andererseits kenne ich auch Leute, sie sich nie für Liedermacherei interessiert hätten, wenn ich sie nicht mit der ein oder anderen Empfehlung damit in Verbindung gebracht hätte. Da schadet es nicht, wenn ein Genre auch auf diese Weise mal wieder in Erinnerung gebracht und ins Licht gerückt wird.
Reinhard Mey hat damals den "Echo" für den Bereich "Schlager/Volksmusik" abgelehnt, weil er sein Werk nicht in dieser Schublade sehen wollte. Für mich absolut nachvollziehbar. Darüber, daß sein Werk beachtet wurde und geehrt werden sollte, wird er sich sicherlich gefreut haben, aber in der Schublade "Schlager/Volksmusik" fand er sicherlich keinen der Teilaspekte seines Schaffens würdig vertreten, so daß er sich mit dem Preis nicht identifizieren konnte. Bei Bob Dylan und dem Literaturpreis sehe ich das wirklich anders. Die Texte sind Teile seines Schaffens, und wenn diese auch als solche mit einem speziellen Preis gewürdigt werden, spricht aus meiner und scheinbar auch aus seiner Sicht nichts dagegen, abgelehnt hat er den Preis ja noch nicht. Ein Preis steht immer für Anerkennung einer Leistung nach bestimmten Kriterien, und diese Ansammlung von Kriterien bilden immer irgendeine Schublade. Je weniger Kriterien es gibt, desto mehr können aber auch nur Teilbereiche einer Gesamtleistung gewürdigt und ausgezeichnet werden. Und das sehe ich bei Bob Dylans Texten und dem Literaturnobelpreis.
Aus meiner Sicht sollten bei Songs von Singer-/Songwritern und Liedermachern, die sich auch als Protagonisten des gleichnamigen Genres sehen, jeweils der Text im Vordergrund stehen und die Musik den jeweiligen Text immer begleiten, untermalen, hervorheben und bekräftigen, deshalb finde ich es nach wie vor etwas befremdlich, wenn Songschreiber eine Melodie bzw. im einfacheren Fällen eine Akkordfolge haben, und dazu einen x-beliebigen Text schreiben, ohne zu schauen, ob der Inhalt des Textes zur Charakteristik der Musik paßt. Aber das ist nur meine Sicht der Dinge bzw. würde ich es vermutlich anders handhaben. Und sicher gibt es genug Lieder, die mir gefallen, wo es definitiv erst die Musik gab.
Schade finde ich allerdings, daß viele Liedtexte, die schon so manch geniale Wortspiele, Thesen, Bilder, Metaphern und Vergleiche im Allgemeinen und gar philosophische Anregungen hervorgebracht haben, und wo so manche Liedtextpassagen schon zu geflügelten Worten wurden und in den alltäglichen Sprachgebrauch übergegangen sind, in der Öffentlichkeit kaum gewürdigt werden. Für jeden Scheiß gibt's irgendeinen Preis, und sei es in der Form einer Handy-Weitwurf-Weltmeisterschaft. Für die Öffentlichkeit mag so manche Preisverleihung vielleicht ungerechtfertigt oder fehl am Platze erscheinen, für den Schaffenden jedoch ist es einfach eine Anerkennung für sein Werk oder eben eines Teils davon. Ob der Schaffende sein Werk durch den Preis nun gewürdigt sieht oder nicht, darf er durch Annahme oder Ablehnung glücklicherweise selbst entscheiden.
Und deshalb finde ich es gut, wenn mit der Vergabe des Literaturnobelpreises an Bob Dylan weder der Mensch Bob Dylan noch sein Gesamtwerk (also inklusive Musik bzw. seine Auftritte als Kunstform) noch das Genre "Singer-/Songwriter", sondern wirklich an dieser Stelle seine Texte gewürdigt und ausgezeichnet werden und somit die Welt noch mal dran erinnert wird, daß so manche musikalischen Künstler auch richtig wertvolle und tolle Texte schreiben können. Das passiert meiner Meinung nach zu wenig. Für alle anderen Kategorien mag es andere Preise geben, aber hier geht es um einen Preis für Texte eines Singer-/Songwriters, nicht mehr und nicht weniger.
Musikalische Grüße von
Georg :georg:
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Beitrag von Carsten K »

Dass Bob Dylan in diesem Jahr den Literatur-Nobelpreis erhalten soll, ist hier bei uns in diesem Liedermacher-Forum offenbar ein sehr großes Thema. Auch in der globalen Literatur-Szene (die weit mehr Menschen umfasst als die vergeichsweise wenigen hier in diesem Forum) wird heiß diskutiert, ob der diesen Preis verdient hat oder nicht, manche sind dafür, andere dagegen, was soll's? Die Entscheidung ist ja gefallen...
Bob Dylan selbst scheint dieser Preis allerdings nicht sehr viel zu bedeuten, und es scheint sogar fraglich, ob er überhaupt nach Stockholm reisen wird, um ihn persönlich entgegen zu nehmen...
http://derstandard.at/2000046028937/Keine-Antwort-Kontaktversuche-zu-Bob-Dylan-bisher-erfolglos 
Und was bedeutet so ein (Nobel-)Preis jetzt für einen Liedermacher? Dass man alles erreicht hat und keine neuen Lieder mehr schreiben muss? Dass alles gesagt ist? Ich hoffe nicht! - Insofern kann ich Bob Dylans Zurückhaltung nachvollziehen...
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bob dylan erhält den literaturnobelpreis 2016

Beitrag von Reino »

Ich dagegen kann Skywises Argumenten gar nichts abgewinnen. Thomas Mann hat den Literaturnobelpreis 28 Jahre nach Erscheinen der "Buddenbrooks" bekommen (bei Grass waren es dann schon 40 Jahre). Also schon vor 87 Jahren hatte man es nicht so schrecklich eilig. Und daß bei einem Werk auch nicht-literarische Anteile die Wirkung verstärken, ist auch bei der Bühnenkunst der Fall, und in der Liste der Literaturnobelpreisträger finden sich einige Dramatiker wie Maurice Maeterlinck, Gerhart Hauptmann, George Bernard Shaw, Eugene O'Neill, Luigi Pirandello und Samuel Beckett, die explizit für ihre Bühnenwerke ausgezeichnet wurden.

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Beitrag von Reino »

Denis Scheck hält den Literaturnobelpreis an Dylan für einen Witz. Ich hatte bisher eine ganz gute Meinung von Scheck, aber das hat er nicht gut begründet. Nur weil andere gute Romane geschrieben haben? So what?

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Beitrag von Gesch »

ihr lieben,
bob dylan hat - wie schon mancher der literaturnobelpreisträger vor ihm - seine teilnahme an der feierlichen zeremonie zur preisverleihung abgesagt und auf andere verpflichtungen verwiesen. vielleicht gehen ihm auf seiner "never ending tour" die konzerte für seinen fans vor und er mag niemanden, der sich karten gekauft hat, enttäuschen - oder er hat schlicht und einfach auf so eine "nobelfeier" keine lust.
mein dylan-porträt-programm steht und heisst "sag erst ma nix". es ist ein monologischer dialog, bei dem phil ochs, der längst verblichene konkurrent auf den new yorker coffee-house-bühnen und den kungebungs-podien der bürgerrechtsbewegung, aus dem jenseits dem literatur-nobelpreisträger gratuliert und ihm lästige, respektlose fragen stellt. weil die aber unbeantwortet bleiben, verweist ochs dann auf einige ausgewählte songs von dylan. diese wurden von mir in die deutsche sprache übertragen. die aufnahme der lieder und der zwischentexte für eine doppel-cd folgt.
herzlich
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Beitrag von fille »

Hallo zusammen,

da ich mich zur Zeit mit Bob Dylan näher beschäftige, habe ich mir unter anderem auch die Verleihung
seines Literaturnobelpreises zum ersten Mal im Netz angeschaut. Seine Rede hat die amerikanische
Botschafterin in Schweden vorgelesen.

Und sehr schön ist das Lied A Hard Rain's A-Gonna Fall gesungen von Patti Smith bei der
Preisverleihung.

https://www.youtube.com/watch?v=941PHEJHCwU 

Laut der Biografie hat er das Lied kurz nach dem Attentat
auf John F. Kennedy geschrieben. Aber ich will nichts interpretieren. Er kann es nicht leiden,
wenn man seine Songs versucht, zu interpretieren.

Die Darbietung von Patti Smith ist sehr schön und menschlich. Sie stockt einmal und fängt
nochmal von vorne an. Sie war sehr nervös.

Gruß, Marianne
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