Lieber Rüdiger,
schön, dass Du Dich mal wieder meldest!
Wir hatten uns hier vor längerer Zeit ja schon mal geschrieben, aber ich hatte das fast aus dem Sinn verloren...
Am 8.+9.5. (vor dem LT) bin ich übrigens in Dresden. Hast Du Lust, dass wir uns mal persönlich kennenlernen?
Zu Deinem Lied: Sehr bedrückendes Thema, dass Du sehr einfühlsam und bewegend umgesetzt hast, finde ich. Danke!
Ich habe das Lied heute Nachmittag gehört, und es ist mir danach nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Zur Zeit wird ja auch die Fernsehserie "Weißensee" wiederholt, wo das Thema ebenfalls eine wichtige Rolle spielt, so dass Du mich mit Deinem Lied gerade nicht ganz kalt erwischt hast, es geht mir also nicht erst seit heute Nachmittag durch den Kopf.
Der Schmerz der Eltern (besonders wahrscheinlich der Mütter) bei solchen Zwangsadoptionen muss unfassbar sein, so unfassbar, dass ich ihn als Nicht-Betroffener wahrscheinlich allenfalls theoretisch nachempfinden kann. Daher finde es genau wie Du total wichtig, dass dieser schlimme Bestandteil unserer (Darf ich als Nicht-DDR-Bürger überhaupt "unserer"?) Geschichte aufgearbeitet und nicht totgeschwiegen oder verharmlost wird!
Ich denke bei diesem Thema aber auch an die Kinder und deren Adoptiveltern. Wenn die Kinder bei der Adoption schon etwas älter waren, konnten sie sich an ihre biologischen Eltern erinnern? Was ist ihnen erzählt worden? Dass die leiblichen Eltern gestorben seien? Dass sie Republikflucht begangen und ihre Kinder im Stich gelassen hätten? Und was wussten die Adoptiveltern über die biologischen Eltern der Kinder, die sie adoptiert hatten? Ich stelle mir vor, die meisten haben (Adoption hin oder her) doch eine liebevolle Eltern-Kind-Beziehung miteinander aufgebaut, so wie andere Eltern, die ihre Kinder aus anderen Gründen adoptiert haben. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis gibt es jedenfalls mehrere, die als Kind adoptiert wurden, und die in ihrem (Adoptiv-) Elternhaus eine glückliche Kindheit hatten.
Und es stellt sich die Frage: Was geschieht, wenn die leiblichen Eltern mit ihrer Suche tatsächlich Erfolg haben und ihre leiblichen Kinder (die heute ja alle erwachsen sind) wiederfinden? Wie gehen die Beteilgten (biologische und Adoptiveltern, und vor allem die inzwischen erwachsenen Kinder) damit um? Was empfinden sie? Welche Konflikte und Zwiespälte entstehen möglicherweise daraus?
Ich finde auch diese Fragen einerseits bedrückend, aber anderseits auch inspirierend. Und zur Aufarbeitung dieses Themas gehört für mich irgendwie auch, was nach dem Ende der DDR mit den beteiligsten Menschen passiert ist...
Jedenfalls sehr wichtiges und spannendes Thema, Rüdiger!
Liebe Grüße
cARSCHti
P. S. Erinnere uns bitte kurz vor dem Sendetermin 05.06.2018 nochmal an die Sendung, die würd' ich mir dann gerne anschauen, und vermutlich nicht nur ich...
"Wenn man als junger Mensch aussah wie ein Hippie und sich einigermaßen treu geblieben ist, sieht man als alter Sack halt aus wie ein Penner und nicht wie Joschka Fischer."
Harry Rowohlt (1945-2015)