Lieber Gerd,
spannendes Thema, wie ich finde, und Danke, dass Du das hier einbringst!
... wobei Ansagen und Moderationen für mich noch mal was anderes sind als "Zwischentexte", z. B. wenn ich auf der Bühne ein Gedicht oder eine Kurzgeschichte vortrage, die dann im Grunde denselben Status haben wie ein Lied, das ich vielleicht vortrage...
Aber was ich zwischen dem, was ich vorher eingeübt habe (Lied, Gedicht, Kurzgeschichte) dem Publikum erzähle, das ist mir im Laufe der Jahre immer wichtiger geworden. Zugegeben, ich erzähle oft dasselbe (das gibt mit auch Sicherheit auf der Bühne), aber ich kann diese Ansagen und Moderationen eben auch von Publikum zu Publikum variieren, damit versuchen, das jeweilige Publikum für mich zu gewinnen, auf die Lieder, Gedichte oder Kurzgeschichten einstimmen, die ich dann vortragen werde... Jedenfalls für mich als Bühnenkünstler auch ein spannender Anreiz, mir auch kurz vor einem Auftritt zu überlegen: Was sage ich denen gleich, wenn ich dieses oder jene Lied singe?
Beispiel: Im Sommer hatte ich einen Auftritt bei der Offenen Bühne in Frankfurt (Oder). Ich war früher da und bin noch durch die Stadt geschlendert, um irgendwo was essen zu gehen. Dabei entdeckte ich ein Restaurant, das mit Altbier und seinen entsprechenden rheinischen Gerichten warb, und ich war dann auch dort essen...
Eine Steilvorlage: Am Abend beim Konzert habe ich dem Publikum erzählt, ich als Wessi sei am Nachmittag in der Ossi-Metropole Frankfurt (Oder) unterwegs gewesen und habe mich (wegen dieses Altbier-Restaurants) fast richtig heimisch - so wie in Düsseldorf - gefühlt. Damit hatte ich das Publikum schon mal gewonnen und konnte mit meiner üblichen Japan-Ansage, die ich bringe, wenn ich "Suzanne" singe, fortsetzen...
Ich glaube, übrigens nicht, dass das Publikum von guten Ansagen überfordert ist, im Gegenteil. Das Reinhard Mey-Konzert vor 2 Jahren war für mich vor allem auch dadurch genial, was er zwischen seinen Liedern erzählt hat. Allein für die Lieder hätte ich mir ja auch bloß seine CD kaufen müssen...
Und Nobelpreisträger Bob Dylan? Der verzichtet bei seinen Live-Konzerten weitgehend auf Ansagen oder Moderationen, kommt, spielt seine (zugegeben genialen) Lieder runter, und geht wieder... Ich glaube, dessen Publikum ist eher überfordert, von seiner Ignoranz, seinem Desinteresse gegenüber seinen Fans... Aber das ist ein anderes Thema... ;-(
Jedenfalls für heute mal so viel dazu...
cARSCHti
"Wenn man als junger Mensch aussah wie ein Hippie und sich einigermaßen treu geblieben ist, sieht man als alter Sack halt aus wie ein Penner und nicht wie Joschka Fischer."
Harry Rowohlt (1945-2015)