Zunächst gilt mein Neid allerdings Petra.
Lass stecken, Jürgen, wenn Du mich gesehen hättest, hättest Du mich ganz bestimmt nicht beneidet.
In Trier war ich schon ein paar Mal - und meistens regnete es dann und das nicht zu knapp. Als ich um ca. 15 Uhr in Pirmasens losfuhr, war es warm und sonnig. Je weiter ich nach Westen unterwegs war desto kühler wurde es und 17 km vor Trier fielen die ersten Tropfen.
Der Heilig-Rock-Irrsinn (*g*) machte sich durch eine reichliche Beschilderung bemerkbar, man wollte mich auf einen P+R-Parkplatz lotsen. Dafür war ich allerdings zu spät dran und so suchte ich ein Parkhaus in der Innenstadt. Das klappte problemlos und es gab auch noch genügend freie Plätze.
Der Hauptmarkt liegt zentral in der Nähe der Porta Nigra, ich hatte nur etwa fünf Minuten zu Fuß zurückzulegen. Wohlweislich hatte ich einen Anorak dabei, den hatte ich auch dringend nötig. Kurz vor 17 Uhr kam ich auf dem belebten Platz an, fand die Kleinkunstbühne, setzte mich auf einen Stuhl vor einem benachbarten Café und bestellte einen Eisbecher, um mir das Aufenthaltsrecht zu sichern. Martin konnte ich nirgends entdecken, er hat sich aber auch verändert, seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Das war beim LT07 in Trebur oder evtl. kurz danach bei einem Konzert. Er trägt die Haare jetzt kürzer und hat eine Brille, das verändert einen schon. Wahrscheinlich würde er mich auch nicht mehr erkennen.
Er begann ziemlich pünktlich, aber das Szenario entsprach nicht einem Liedermachertraum. Direkt vor der Bühne war reichlich Durchgangsverkehr, Publikum war praktisch nicht vorhanden und irgendwie auch nicht vorgesehen und es regnete.
Er eröffnete das Konzert mit Drachen, dem ersten Lied seiner ersten CD Wort & Tonschlag. Die Lautstärke war sehr mäßig, es war von Vorteil, dass ich das Stück kannte. Außer mir applaudierte nur noch eine junge Frau, die dazu zu gehören schien und vor der Bühne tanzte und feierte. Martin sah zu mir herüber und rief mir zu: "Hallo, Pirmasens." Na klar, wir hatten ja vorher gemailt, er wusste, dass er mit mir rechnen konnte. Dann wurde es anstrengend, denn es folgten drei Lieder, die ich nicht kannte. Einerseits war es erfreulich, dass es tatsächlich Neues zu hören gab, andererseits war die Akustik miserabel. Das erste handelte von ihm selbst und von Menschen seiner Zunft ("Ich bin Programmierer" – "Informatika, sind nicht zum Küssen da"). Ich konnte kaum zuhören, denn ich musste mich derweil mit der Bedienung auseinandersetzen, die mich unbedingt ins Trockene setzen wollte. Ich konnte sie davon überzeugen, dass mein Tisch für meine Zwecke der beste war. Im Hochzeitslied eines Physikers, muss ein Naturwissenschaftler zugeben, dass man nicht alles analytisch betrachten und Gefühle nicht berechnen kann. Der dritte mir unbekannte Titel war ein Liebeslied mit dem Refrain "Eine wie sie vergisst man nie." Leider konnte ich unter den misslichen Umständen nicht allzu viel von den neuen Stücken erfassen. Bei Schatz wurde es wieder etwas einfacher für mich, denn da kenne ich den Text: Er beichtet einen Seitensprung und wundert sich, dass seine Liebste nicht begeistert ist ob seiner Ehrlichkeit.
Inzwischen hatten die oben erwähnte junge Frau und ich längst zusammen gefunden und bildeten den Fanblock. Von den Leuten, die mit Regenschirmen an der Bühne vorbeihasteten, blieben nur wenige kurz stehen und verstärkten gelegentlich unseren Applaus. Wir hatten uns in den Bereich gestellt, der von den Boxen profitierte, aber richtiges Zuhören war trotzdem nicht möglich. Martin sang nun Martha, ein melancholisches, zärtliches Lied über eine alte Frau, seine Oma, und was ihr vom Leben noch blieb. Danach schon wieder ein neues Stück – und ich dachte, er beschäftigt sich gar nicht mehr mit Musik.
Es ging um eine gescheiterte Beziehung. Er hat ihr all ihre Sachen zugeschickt und jetzt "erinnert mich nichts mehr an Dich". Die flotte Melodie von Labyrinth passte wohl besser hierher, aber eigentlich war schon alles egal. Das nun bereits fünfte neue Lied war wieder langsamer und könnte vielleicht geheißen haben Alles wie gewohnt. Es handelte davon, dass einzelne Jahre abwechslungsreich sein mögen, aber rückblickend sind sie doch alle immer wieder gleich.
Jetzt ging Martin kurz darauf ein, dass sein Auftritt mit 'Martin Sommer Duo' angekündigt worden war. Es gab zwar keine Erklärung für das Fehlen von Luise, aber eine Art Ersatz. Mein Co-Fan wurde auf die Bühne gerufen und vorgestellt – Marlene aus Bonn. Marlene ist ganz neu bei den Liedermachern, und Martin gab ihr innerhalb seines Programms die Chance, ein bisschen Bühnenluft zu schnuppern. Ein feiner Zug, so etwas bräuchten wir öfter. Dass die Aktion buchstäblich ins Wasser und auch noch sonstwohin fiel, war weder Martins noch Marlenes Schuld. Frauenstimmen haben es ein bisschen schwerer, sich durchzusetzen, aber ihre Stimme klang sehr angenehm. Vom Lied verstand ich zuerst nicht viel und dann gar nichts mehr: Aus dem Glockenturm der benachbarten Kirche ertönte plötzlich volles Geläut. Ich kenne das von der Sebalduskirche in Nürnberg beim Bardentreffen, aber dort ist die Anlage stärker. Hier sah man Marlene nur noch die Lippen bewegen.
Sie sollte drei Lieder singen, nach dem ersten machte sie eine kleine Pause und setzte wieder ein, als das Geläute nachließ. Aber auch beim zweiten Stück bimmelten immer wieder ein paar Glocken dazwischen. Zu allem Überfluss schob sich auch noch ein Lieferwagen langsam zwischen uns und der Bühne durch. Martin stand neben mir ohne Schutz im Regen und wir flüchteten unter die Sonnenschirme des Cafés. Die Geräuschkulisse des prasselnden Regens und der Standort außerhalb des optimalen Bereichs für die Boxen machten sich natürlich negativ bemerkbar. Man sollte meinen, dass Marlene bei ihrem dritten Stück entschädigt wurde, denn es blieb eine Gruppe von etwa 20 Jugendlichen direkt vor der Bühne stehen. Das Lied war lang und ich konnte sogar etwas verstehen. Es handelte von "Netzwerken, die auch funktionieren, ohne dass wir es merken". Die jungen Leute verabschiedeten sich in drei Etappen, jede Gruppe mit großem Jubel, aber selbst diejenigen, die am längsten standen, hatten das Lied nicht komplett gehört. An einem Tisch des Cafés saßen ein paar Gäste, die das Ganze interessiert verfolgten und auch applaudierten, aber so schwer wurde es trotzdem selten jemandem gemacht. Großes Kompliment an Marlene, die zu keinem Zeitpunkt ihr strahlendes Lächeln verlor. Ich hätte ihr gerne den Gefallen getan, hier wenigstens ihre Homepage zu erwähnen, aber sie hat noch keine. Schade.
Zum Abschluss übernahm Martin noch einmal und sang zunächst zwei Lieder seiner zweiten CD Chansons und zwar Sieben in der Frühe über traute Zweisamkeit und Reiner Zufall, wo er die Strophe über den Wetterbericht den aktuellen Gegebenheiten anpasste. Dann – in Abänderung des geplanten Programms extra für Marlene – Halbe Sachen von Uta Köbernick und noch einmal von der CD Chansons den Titel Bei Nacht. Den allerletzten Schlusspunkt bildete das Lied Klein-Bölting, dessen Inhalt man kurz zusammenfassen kann mit 'Klein-Bölting ist überall'. Dabei brachen auch noch 50% des Fanblocks weg
, denn Marlene ging zur Bühne und sang an passender Stelle immer als Echo 'Klein-Bölting'.
Das klingt jetzt sicherlich kitschig, aber tatsächlich ließ mit dem Ende des Konzertes auch der Regen nach. Mein Notizblatt befand sich kurz vor seiner Auflösung, ich hatte nasse Hände und die Hose war von den Knien an abwärts nass, aber das Wetter versprach, besser zu werden. Ich unterhielt mich noch kurz mit Martin. Er würde gerne mehr Musik machen, was sich aber nicht so richtig gut mit seinem Beruf in Einklang bringen lässt. Es hat mich aber sehr gefreut, dass es so viele neue Lieder gab, nur würde ich sie halt gerne mal in Ruhe anhören. Eine neue CD wird es so schnell nicht geben, aber Martin möchte doch einige Stücke aufnehmen. Er ist Technik-Freak und experimentiert mit einem Aufnahme-Programm herum. Ich hoffe, dass es dann irgendwo die Möglichkeit geben wird, das Ergebnis anzuhören. Martin, nicht nachlassen, wir warten auf mehr.
Es war noch verhältnismäßig früh am Tag, als ich mich auf den Heimweg machte. Um halb neun war ich bereits wieder zu Hause, da war es sogar noch hell. Wettermäßig war es in Pirmasens inzwischen auch bergab gegangen, auch da war es ziemlich ungemütlich.
Na, Jürgen, neidisch? :aetsch:
Sorry, ich hätte auch kurz und bündig schreiben können: 'Das war das missglückteste Konzert, das ich je erlebt habe', aber das wäre Martin und Marlene nicht gerecht geworden. Es hat mich gefreut, Martin in Aktion zu sehen, aber der Wunsch nach einem richtig schönen Martin-Sommer-Konzert ist geblieben. Doro, Darmstadt wäre sehr hart an der Schmerzgrenze, entfernungstechnisch betrachtet, aber vielleicht kommt er mir ja ein Stück entgegen. Melde Dich einfach, wenn Du etwas erfährst.
Viele Grüße von Petra :regen: