Liebe Freunde !
Die neue WORTFRONT- CD “Freilandherz” erscheint zwar offiziell erst am 19. Februar, dennoch ist die Band mit ihr bereits seit einiger Zeit auf Tour und gastierte am 19. Januar auch im mittleren Saal des Linzer „Posthof“. Nachdem ich bereits im Jahre 2008 durch Piet auf die amerikanisch- schweizerische Truppe aus Berlin aufmerksam (gemacht) wurde und im selben Jahr ein Konzert in Linz für mich zu einem der intensivsten Musikerlebnisse überhaupt wurde (...mit nur einer Handvoll Zuschauer in einem winzigen Saal...), war klar: Wir sind auch in diesem Jahr wieder dabei. Im Folgenden also ein kleiner Bericht:
"Ein Schlagzeug ist ein Schlagzeug ist ein Schlagzeug..." – in einer solchen eher dadaistischen Betrachtungsweise erschöpfen sich im Wesentlichen die Kritikpunkte des Abends, der – das sei an dieser Stelle schon einmal vorweggenommen – nahtlos an das letzte Linzer Konzert im November 2008 anknüpfte. Daß aus dem vormaligen Quartett nunmehr ein Quintett wurde tat der Qualität ebenso wenig Abbruch wie die Tatsache, daß WORTFRONT nach wie vor keinem Stil, keinem Genre zugeordnet werden können. Vielleicht jedoch ist es sinnvoller, den Abend chronologisch anzugehen...
Als wir um 19:40 h im Saal ankommen, sind wir 2 von insgesamt 11 Besuchern – das läßt im Hinblick auf die Tatsache, daß das Konzert um 20:00 h beginnen soll, Böses ahnen. Dank der freien Platzwahl, der bis dahin nur wenigen Anwesenden und deren offensichtlichen Schüchternheit bekommen wir unsere „Traumplätze“ – 1. Reihe, fußfrei, Mitte. Besser geht’s nicht. In den nächsten 30 Minuten füllt sich der Saal dann doch noch, bis er zwar nicht gänzlich belegt, dafür aber doch sehr gut besucht ist. Um 20:10 h beginnt dann das übliche Ritual: Saal- Licht aus, Bühnen- Licht an, Nebelschwaden, Auftritt des Ensembles, Begrüßung des Publikums und letztes Einrichten der Instrumente. Alles wartet auf den Programm- Beginn, als Sandra Kreisler über genau dies Ritual zu philosophieren beginnt und erklärt, im Zeitalter des Fernsehens warte im Prinzip jeder darauf, daß sofort angefangen wird. Also geht sie noch einmal ab, tritt erneut auf – und dann beginnt es unmittelbar mit “Postmodernes Arschloch“. Und hier offenbar sich sogleich der bereits angesprochene einzige Kritikpunkt des Abends: Gab es bei der letzten Tour noch Rhythmus aus der Maschine, steht diesmal ein echtes Schlagzeug auf der Bühne, bedient vom echten Schlagzeuger Paolo Eleodori. Er agiert von Beginn an großartig, hat jedoch das Manko, daß sein Werkzeug elektronisch verstärkt wird, erhöht steht und damit in direkte Konkurrenz zur Gesangsstimme von Sandra Kreisler tritt. Leider verliert die Stimme diesen Kampf ein wenig, was vor allem den Besuchern auffällt, die nicht komplett textsicher sind. Hier wäre weniger (...Elektronik und Verve...) weitaus mehr gewesen. Ansonsten jedoch bietet der Abend von Beginn an beste und kurzweiligste Unterhaltung, was auch an der unbändigen Spielfreude der übrigen Beteiligten Roger Stein (alle Texte & Musik, Gesang, Klavier), Kinneret Sieradzki (Violine) und Ulrich Maiss (Cello, Baßcello, E- Cello und Gesang) liegt, die erkennbar nicht nur Lust und Liebe an der Musik, sondern auch hohe Professionalität an den Tag legen.
Das Programm besteht aus vielen Titeln der bisher erschienenen WORTFRONT- CDs “Lieder eines postmodernen Arschlochs“, “Penetrant besinnlich“ und “Von vorn mit Anlauf“, enthält aber auch den einen oder anderen Titel der neuen CD “Freilandherz“, die zwar erst ab 19.02. offiziell erhältlich ist, aber bereits auf dieser Tour käuflich erworben werden kann, worauf Sandra Kreisler diskret (*winkmitdemzaunpfahl*) hinweist. Und nach einer guten Stunde voller grandioser Musik, die die Grenze zwischen E- und U- Musik locker aufbricht voller lyrischer, zeitgeistiger und auch kritischer Texte, verabschiedet uns Roger Stein mit dem Titel “Fußgänger“ in eine wohlverdiente, kurze Pause. Diese nun wiederum gibt uns die Möglichkeit, die angesprochene CD bei der freundlichen Dame im Foyer zu erwerben und darüber zu diskutieren, in welche Schublade WORTFRONT nun eigentlich paßt. Sandra Kreisler selbst gab kurz vorher den Denkanstoß, als sie dem Publikum eben diese Frage zu beantworten versuchte. Ist es extrem textlastige Popmusik ? Oder sehr musiklastiges Kabarett ? Oder ist es ein Crossover aus HipHop, Rap, Chanson, Klassik und „Easy Listening“ ? Die 20- Minuten- Pause bringt darüber keine Klarheit, wirft aber dafür zwei weitere Frage auf: Ist eine „Schubladisierung“ letztlich eigentlich wirklich notwendig ? Klar ist eines: Es ist Musik, mehr noch: richtig gute Musik. Punkt. Und wenn man WORTFRONT wirklich in einer Schublade ablegen will, warum dann nicht in der, auf der eben WORTFRONT steht ?
Ohne eine Antwort auf derart fundamentale Fragen geht es in den zweiten Teil des Programms, der ebenfalls hält, was der erste Teil bereits versprochen hat. Das Publikum bleibt gefordert, den facettenreichen Texten weiterhin aufmerksam zu folgen und erfährt dabei etwas über die “Klofrau vom Kanzleramt“, über den “Sommer von links“ und über “Berlin“, erhält den Ratschlag “Stirb, bevor’s zu spät ist“ und bekommt auf diesem Wege eine Lehrstunde über das Leben an sich und dessen Widrigkeiten im Besonderen. Immer aber erfolgt diese spezielle Lebenshilfe mit einem Augenzwinkern und einem Lächeln im Knopfloch. Daß sowohl Sandra Kreisler als auch Roger Stein, aber auch alle anderen Musiker dabei in höchstem Maße sympathisch „rüberkommen“ macht WORTFRONT noch interessanter.
Nach guten 2 Stunden neigt sich das Konzert erkennbar dem Ende zu, durch den begeisterten Applaus des im Allgemeinen sehr kritischen Linzer Publikums kommt es aber – natürlich – noch zu einigen Zugaben. Hier ist dann das so manchen Widersinn offenlegende Stück “Volxmusik“ besonders zu erwähnen, das Roger Stein ohne weitere Begleitung am Flügel darbietet und dabei manche Lachsalve hervorruft. Dann aber ist es – mit Hinweis darauf, daß Sandra den ganzen Tag noch nichts gegessen hat und in das extra offengehaltene Bistro des „Posthofs“ strebt – doch vorbei. Viel zu früh, eigentlich, obwohl es doch schon 22:30 h ist. Und mit der Vorfreude auf ein nächstes Mal...
Wenngleich ich alle Musiker als gleichwertig grandios einstufe, muß an dieser Stelle aufgrund eines in mir brodelnden „Patriotismus“ doch noch eine eigene Abhandlung über Ulrich Maiss einfgefügt werden: Der Cellist aus Deutschland, der allein vom visuellen Auftritt einen tiefen Eindruck hinterläßt, sitzt im Smoking auf der Bühne, als sei er gerade dem Orchestergraben eines Opernhauses entsprungen, spielt zunächst versunken auf seinem Instrument, um im Laufe des Abends aus sich herauszugehen, den E- Baß zu benutzen wie weiland Alan Lancaster von „Status Quo“ und hingebungsvoll „Schubidooooo“ ins Mikrophon zu hauchen. Er gibt im Nationalitäten- Gemisch des Ensembles (Schweiz, Deutschland/Amerika, Israel, Italien) eine Art „bäriger Meister Propper“, was alleine schon duch seine (Nicht-) Frisur deutlichst unterstrichen wird.
Bei einer kurzen Plauderei nach dem Konzert mit Sandra Kreisler und Roger Stein wird deutlich, daß ein besonderes Verhältnis zwischen den Künstlern und den Verantwortlichen des Linzer „Posthof“ herrscht, da bei Konzerten wie im November 2008 die Veranstalter doch eher zuzahlen müssen, die Band aber seinerzeit gebeten wurde, wieder an dieser Stelle aufzutreten, was sie gern getan haben und auch weiterhin gern tun werden. Nach einigen „warmen Worten“ gibt es für uns noch die Unterschriften der beiden Haupt-Protagonisten auf das Booklet der neuen CD und den herzlichen Wunsch „Auf Wiedersehen !“ Und da kann ich sagen: Ganz bestimmt !!!
Wer nun neugierig geworden ist und noch mehr erfahren will, dem empfehle ich die WORTFRONT- Website, auf der es viel zu entdecken, zu sehen und zu hören gibt, sowie auch dies, wo es mittlerweile viele Stücke zum Gustieren gibt.
Vielleicht habe ich mit diesen "paar Worten" den einen oder anderen von Euch neugierig gemacht, auf eine Entdeckungstour zu gehen. Es lohnt sich.
In diesem Sinne viele, liebe Grüße aus Ober-
von
ANDREAS.
(...der sich an dieser Stelle nochmals ganz herzlich bei Piet für einen wirklich guten Tip bedankt...)