Auf dem Weg erfuhr ich dann, dass es ein christlicher Liedermacher ist – und zwar der, der Von guten Mächten wunderbar geborgen geschrieben hat. "Ne", sagte ich, "das kenne ich, das ist von Dietrich Bonhoeffer." "Ja, von dem ist der Text, ich meinte ja jetzt die Musik." Nur einen Tag vorher war mir diese Melodie zum ersten Mal begegnet, als ich wegen Clemens Bittlinger bei youtube rumgestöbert hatte. Es sollte wohl so sein, dass ich nun in dieses Konzert gehe. Und so saß ich also um halb acht in einem Konzert, von dem ich eine Stunde vorher noch überhaupt nichts wusste.

Ort des Geschehens war die 'Kirche' der Gemeinde St. Elisabeth. Das ist nicht wirklich eine Kirche, sondern ein besonders schön gestalteter Raum der Katholischen Familienbildungsstätte. Ein hoher Raum mit einer Orgel, eine Wand komplett bleiverglast mit einem riesigen Bild, als Hauptmotiv die heilige Elisabeth. Der Raum war schon ganz schön voll, wir fanden keine wirklich guten Plätze mehr. Es saßen bestimmt schon 250 Leute im Halbrund. Links und rechts neben dem Altar hatten sich der Liedermacher und sein Begleitmusiker eingerichtet. Auf einem Plakat hatte ich seinen richtigen Namen gesehen: Siegfried Fietz. Zu seinem Gesang spielte er E-Piano, ab und zu griff er auch mal zu einer Akustik-Gitarre. Sein Begleiter, Gerhard Barth, spielte einen E-Bass mit fünf Saiten (das gibt's auch, man lernt nie aus) und E-Gitarre.
Inzwischen habe ich natürlich gegoogelt und erfahren, dass Siegfried Fietz zur Prominenz der christlichen Liedermacher gehört. Lt. Wikipedia gilt er als Vorreiter moderner christlicher Musik im deutschsprachigen Raum. In vierzig Jahren hat er ca. 3000 Melodien geschrieben, seit zwanzig Jahren ist er mit Gerhard Barth unterwegs.
Unser Platz befand sich neben den Musikern, eigentlich sogar schräg dahinter, aber immerhin noch vor den Boxen – und in der ersten Reihe. Zu Beginn begrüßte Siegfried Fietz die Gäste in den ersten beiden Reihen per Handschlag, bei uns entschuldigte er sich für die schlechten Plätze. Naja, er konnte ja gar nichts dafür. Jedenfalls war es recht interessant, das Publikum fast aus seiner Perspektive zu sehen.
Gleich beim ersten Lied Shalom hat das kundige Publikum schon kräftig mitgesungen. Auch bei allen anderen Liedern, wurden wir immer wieder 'eingeladen' mitzusingen. Bei einem Lied hat er einen Bekannten gebeten, den Refrain in Gebärdensprache darzustellen, und danach sollte das Publikum bei jedem Refrain diese Gebärden nachmachen. Ich selbst bin kein Freund von solchen 'Massen-Gleichmachungs-Mechanismen', aber ich muss zugeben, dass es ein schönes Bild war, denn die meisten anderen waren da nicht so spröde wie ich. Das Programm dauerte zwei Mal eine Stunde, und außer dem schon erwähnten Von guten Mächten wunderbar geborgen waren mir alle Lieder neu. Leute, wie zum Beispiel Clemens, werden die Lieder wahrscheinlich kennen, ich nenne hier mal einige wenige:
Gottes guter Segen sei mit Euch,
Manchmal brauchst Du einen Engel,
Ein kleiner Urlaub für die Seele,
Selig seid Ihr,
Spuren im Sand
Gottes gute Gaben aus dem Musical zum Jakobsweg Der Weg nach Santiago.
Auch ein Instrumentalstück wurde dargeboten. Gerhard Barth hat uns eines seiner Lieder auf der Gitarre gespielt. Titel? :gruebel: Ich glaube Dem Leben entgegen.
Siegfried Fietz schreibt eingängige Melodien, die sehr gut zum Mitsingen geeignet sind, und ich konnte beobachten, dass viele Zuhörer alle Lieder kannten und inbrünstig mitsangen. Mein Ding ist das Singen ja (leider) nicht, aber bei einem so vielstimmigen Chor, kann man sich ja leise summend etwas verstecken. Anfangs hatte Siegfried Fietz gebeten, dass wir allen in der Nähe Sitzenden die Hand geben sollten, im Laufe des Abends haben wir uns dann noch eingehängt und die Hände auf die Schultern gelegt, was eine ungewohnte Nähe geschaffen hat, der heutige Mensch geht ja eher etwas auf Distanz.
Nach dem offiziellen Konzertende gab es standing ovations, die beiden Musiker erhielten vom Veranstalter je eine Flasche Dornfelder Rotwein und eine Flasche Pirmasenser Parkbier. Nach zwei Zugaben rundete das Eröffnungslied Shalom den Abend ab.
Gemeinsames Singen ist einfach ein Labsal für die Seele, und es wird halt immer noch nirgends so gut mitgesungen wie in der Kirche. Beschwingt fuhren wir nach diesem erholsamen, friedvollen Abend nach Hause.
Viele Grüße von Petra