Clemens schrieb:
Genau das Gegenteil ist doch der Fall. Das ist doch unser Dilemma.
Besser, als es im "Narrenschiff" ausgedrückt ist, geht es nicht:
Jeder kann es sehen, aber alle sehen weg.
Das stimmt zwar, aber man muß schon unterscheiden, ob man jetzt die Politik Deutschlands sieht oder das Land Deutschland.
Mich hat unheimlich überrascht, wie so eine Art "Aufschwungs"-Pflänzchen durch den Asphalt schimmern kann, obwohl die Politik auf wirklich allen Prinzipien der Volkswirtschaft rumgetrampelt ist, daß selbst ein im Porzellanladen beheimateter Elefant neidisch werden könnte.
Die VWL sagt: wenn es der heimischen Wirtschaft dreckig geht - Anreize zum Konsum schaffen, z. B. durch Senkung der Steuern. Was hat die Politik in den vergangenen Jahren gemacht? Das Gegenteil.
Die VWL sagt: wenn es der heimischen Wirtschaft dreckig geht, kann Papa Staat gegensteuern, indem die öffentliche Hand selbst am Markt aktiver wird als zu wirtschaftlichen Glanzzeiten. Was hat die Politik in den vergangenen Jahren gemacht? Sie hat "den Gürtel enger geschnallt" und das sogar noch offen nach außen propagiert.
Die letzten Jahre müssen jeden VWL-Dozenten von einer Sinnkrise in die nächste gestürzt haben ...
Ich gehe mal davon aus, daß mittlerweile tatsächlich so etwas wie ein Aufschwung da ist, denn entweder ist man mittlerweile wieder etwas geschickter geworden, was die Fälschung von Arbeitslosenstatistiken angeht, die Jobcenter haben nahezu übermenschliche Arbeit verrichtet und mehr Leute in Fortbildungsmaßnahmen gesteckt als in den vergangenen drei Jahren oder alternativ - es sind tatsächlich Arbeitsplätze geschaffen worden. Ich hoffe auf letzteres.
Die Regierung kann sich meinetwegen dafür selbst auf die Schulter klopfen, daß die Arbeitslosenzahlen in jüngster Zeit gesunken sind. Dafür verantwortlich ist sie allerdings definitiv nicht.
Politisch steuern wir bereits seit mehreren Jahren auf den Abgrund zu, da sind wir uns völlig einig (wohl auch, weil da oben seit mehreren Jahren Leute rumtreiben, die nichts von ihrem Zuständigkeitsgebiet verstehen, aber andererseits auch beratungsresistent sind). Gesellschaftlich oder moralisch wahrscheinlich auch (hoch lebe die Bundesdekadenz
). Aber es gibt anscheinend doch noch Leute, die sich selbst zu helfen wissen.
Und das weckt irgendwie Hoffnungen, finde ich.
Leider ist mir noch kein Politiker begegnet, der nicht im Moment seiner Wahl die Scheuklappen freiwillig angelegt hätte. Die Politiker, welche 1989 (mit mir gemeinsam) im "Neuen Forum" alles besser machen wollten, sind nach ihrer Wahl in erschreckend rasantem Tempo mit ihrem Mäntelchen in den Wind gefallen.
Das stimmt leider, allerdings hängt das auch ein wenig mit der herrschenden Bürokratie zusammen. In vielen Fällen beißen die Politiker mit eventuellen Veränderungswünschen so stark auf Granit, daß sie schon nach einigen Wochen gezwungen sind, die Segel zu streichen.
Das kann man ihnen allerdings nur bedingt vorwerfen, denn in der Regel liegt die Schuld an den bestehenden Mauern in der Vergangenheit und damit bei einer Generation, die so sehr darauf bedacht war, den Status Quo zu sichern, daß sie sich nicht darüber im Klaren war, daß einige der Bestimmungen selbst dann noch gültig sein würden, wenn die Gebeine all derer, die bei der Abstimmung das Patschehändchen gehoben hatten, längst verrottet sind. Von falschen Prognosen, aufgrund derer bestimmte Entscheidungen getroffen wurden, will ich an dieser Stelle gar nicht erst anfangen. Diese Mauern sind es vor allem, die vielen Optimisten im Staatsdienst über kurz oder lang den Garaus machen. Man kennt dieses Phänomen unter dem Begriff "Das hammer schon immer so gemacht. Das ist so Vorschrift!"
Um solchen Mauern zu begegnen, braucht man Gleichgesinnte. Und zwar an den richtigen Positionen. Viel Glück.
Und bevor wieder die Diskussion aufkommt, dass ich damit dem braunen Gesindel zuarbeite, eine Gegenfrage.
Ist es wirklich gut sich von Kurzdenkern oder Heuchlern mit einzig diesem Argument zur Wahl bewegen zu lassen?
Gut nicht. Aber zumindest besser als die Alternative
Gruß
Skywise