'annes au Longchamp

Fragen, Berichte und sonstige Beiträge, die den deutschen Liedermacher Hannes Wader betreffen haben hier ihren Platz
Foto Banner und Forum wurde aus der deutschen Wikipedia verwendet 
Antworten
Benutzeravatar
HowardJ hat dieses Thema gestartet
Beiträge: 9
Registriert: Mi 26. Nov 2003, 23:08
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

'annes au Longchamp

Beitrag von HowardJ »

Hannes Wader kommt regelmäßig nach Langenfeld. Das ist gut so. So habe ich ihn das erste Mal live erlebt. Vor 12 Jahren. Damals noch unbestuhlt. Ich kannte kaum ein Stück, nur seinen Namen und war restlos begeistert.

Auch von den 3 Besuchen danach war ich angetan. Wobei jedes Konzert auf seine Weise anders wirkte. Und das, obwohl er seit Jahr und Tag alleine und nur mit Gitarre auf der Bühne steht. Sein Repertoire ist einfach sehr reichhaltig. Es reicht vom Lied mit trockenen Humor und Sarkasmus, über lyrisch-poetische Stücke, Balladen bis hin zum Arbeiter- und Volkslied. Ich hätte mir früher nie träumen lassen (vor allem nicht nach meinem Musikunterricht), dass mir „Ade, nun zur guten Nacht“ so gut gefallen könnte.

Leider kam die diesjährige Auswahl seiner Konzertstücke nicht so gut rüber. Der Anfang mit „Heute hier, morgen dort“, „Nach Hamburg“ und dem grandiosen „Hotel zur langen Dämmerung“ war zunächst noch vielversprechend. Im Vortrag wie in der Anmoderation. Doch für mein Empfinden verflachte danach der aufgebaute Spannungsbogen. Der Schwerpunkt lag eindeutig auf dem politischen Lied. Hannes Wader verzettelte sich dabei.

Das Stück, mit dem er seine Familienchronik aufblätterte, war Spiegelbild dafür. Angekündigt mit den Worten: „Länger als der „Tankerkönig“, nur kürzer als das Niebelungenlied (1200 Strophen)“ zog es sich tatsächlich zu sehr in die Länge. Die uneinheiltliche Melodieführung machte es zudem schwer, dem Text zu folgen.

Auch die bei vielen Stücken eingestreuten Strophen in anderen Sprachen (Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Plattdeutsch) wirkten konzeptlos.

Der Funke sprang erst wieder über, als er mit „Stellungnahme“ eindringlich und nachvollziehbar seine Wut und Hilflosigkeit darüber zum Ausdruck brachte, dass Neonazis sich seiner Lieder bedienen und deren Aussagen ins Gegenteil verkehren.

Nach all den vielen Jahren als Liedermacher geht Hannes Wader immer noch nicht locker mit seinem Publikum um. Improvisationsfähigkeit ist nicht seine Stärke. Offensichtlich leicht erkältet, bekam er Mitte der ersten Konzerthälfte von einer Zuschauerin ein Glas Wasser an den Bühnenrand gestellt. Man konnte sehen, wie er überlegte, ob und wie er reagieren sollte. Schließlich sagte er, das sei ja sehr nett, aber er bräuchte kein Wasser. Fuhr in seiner Moderation fort, nahm das Glas dann doch („wo es schon mal da ist“) und trank einen Schluck, wobei sich ein verlegenes Lächeln über das sonst so konzentrierte Gesicht zog. Oh, das täte ja doch gut. Sehr sogar. Sprach’s und nahm unter Beifall zwei weitere Schlucke. Aber gerade dieser scheue Zug macht ihn nach wie vor sympathisch.

Für mich versöhnlich, mit einem mittelalterlichen, wunderschönen Stück von Bellmann und unter starkem Beifall, verabschiedete sich Hannes Wader.

Bis zum nächsten Mal.
Dieser Beitrag enthält 466 Wörter

Benutzer 63 gelöscht
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

'annes au Longchamp

Beitrag von Benutzer 63 gelöscht »

Hallo Howard,
interessante Sichtweise, danke für deinen Bericht.
Vielleicht lag es ja tatsächlich daran, daß er erkältet war. Ich war vom Konzert in Stuttgart, das nur wenige Tage zuvor stattfand, restlos begeistert, und empfand das Familienerbe als Krönung, schlichtweg genial, auch von der (spärlichen) musikalischen Umsetzung her. Aber es ist klar, daß das Stück auch sehr eigenwillig ist und (selbst unter Wader-"Fans") nicht jedermanns Geschmack sein kann.
Viele Grüße
Jürgen
Dieser Beitrag enthält 79 Wörter

Benutzeravatar
Klajokas
Beiträge: 267
Registriert: So 30. Apr 2006, 21:14
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

'annes au Longchamp

Beitrag von Klajokas »

Hallo Howard,
du sorichst mir voll aus der Seele.
Hannes Wader war nun innerhalb von fünf Jahren das zweite Mal bei uns in Rosendahl.
Deine Eindrücke vom diesjährigen Konmzert habe ich genauso gefühlt.
Nun er war im Frühjahr bei uns, also so lange dauert keine Erkältung.


Gruß Klaus
Dieser Beitrag enthält 54 Wörter
Unbequem zu sein bedeutet oftmals, sich Hindernisse aufzubauen, die man dann selber aus dem Weg räumen muss, ohne bequem zu werden.

Benutzeravatar
Viktor
Beiträge: 875
Registriert: Do 28. Apr 2005, 16:15
Hat sich bedankt: 93 Mal
Danksagung erhalten: 167 Mal
Kontaktdaten:

'annes au Longchamp

Beitrag von Viktor »

hallo howard,

danke fuer den bericht; hab ihn mir erst jetzt angeguckt, wo ich selbst auf einem konzert der tour war, um mir nicht vorher die spannung zu verderben.
besonders eindrucksvoll finde ich uebrigens den part mit dem wasserglas. ich kanns mir bildlich vorstellen ;D

dann moechte ich das "familienerbe" aber auch nochmal verteidigen ;)
also ich persoenlich finde nicht, dass es sich zu sehr in die laenge zieht. denn trotz der laenge finde ichs zu keiner zeit langweilig, was wahrscheinlich an der von dir so genannte nuneinheitlichen melodiefuehrung liegt. allerdings muss ich zugeben, dass ich zuvor auf der webseite schon den ganzen text durchgelesen hatte und deshalb vielleicht nicht so schwierigkeiten hatte, zu folgen. koennte mir vorstellen, dass die vielen enjambements es einem, ders zum ersten mal hoert, vielleicht nicht gerade leicht macht.


Auch die bei vielen Stücken eingestreuten Strophen in anderen Sprachen (Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Plattdeutsch) wirkten konzeptlos.
wie meinst du das? inwiefern braucht man denn da ein grossartiges konzept?
ich finde, das macht ein konzert einfach zu etwas noch besondererem: man hat "au bord de la rivière" auf platte, man hat "am fluss" auf platte, aber beim konzert hoert man dann eine mischung, die man sonst nicht hoert. ich finds schoen. [hat mir uebrigens auch bei reinhard meys ich liebe dich/ je t'aime-mischung bei den songs an einem sommerabend gefallen]
bei "manche stadt" passt es ja auch, wenn er ein bisschen aus wilkies original singt. oder bei "schwestern, brueder..." bildet die strophe aus dem original einen rahmen - das ist, wenn man will, sogar ein konzept.
ich nehme an, im fall plattdeutsch wirds ein ganzes lied gewesen sein und nicht nur eine strophe. wenn man bedenkt, dass es von hannes ein ganzes album mit plattdeutschen liedern gibt, ja auch verstaendlich.
ich find also an der sprachvielfalt nichts schlimmes...
uebrigens, wo hast du italienisch gehoert? hat er in langenfeld "bella ciao" gespielt?
viele gruesse
-viktor


ps: das forum haut hier meine formatierung ein bisschen um :-/
Dieser Beitrag enthält 331 Wörter
...

Benutzeravatar
HowardJ hat dieses Thema gestartet
Beiträge: 9
Registriert: Mi 26. Nov 2003, 23:08
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

'annes au Longchamp

Beitrag von HowardJ »

Danke für das Feedback. Ich hatte gehofft, hier eine interessante ;-) Sichtweise hineinzubringen.

Es juckt mich dann doch, auf Fragen und Wortklauberei noch kurz einzugehen. Ja, du hast vollkommen recht, Viktor. Bei Plattdeutsch handelte es sich in der Tat um ein komplettes Lied; nicht nur um eine Strophe. Ändert aber nichts am erzeugten Eindruck. Alles was du zu den Liedern schreibst, bei denen verschiedene Interpreten auch mal Strophen im Original einstreuen, ist richtig; das Konzept dahinter klar. Wenn das aber bei fast jedem Stück gemacht wird, wo es möglich ist, dann ist das für mein Empfinden zu viel. Oder kurz gesagt: Weniger ist Mehr.

Dass du Sprachenvielfalt als 'nicht Schlimmes' empfindest, ehrt dich. Geht mir ganz genau so. Anders als du es durch das kleine Wörtchen 'also' suggerierst.

Und zu verteidigen, ob mit oder ohne augenzwinkerndes Emoticon, gibt es auch nichts, da ich weder mit noch ohne Augenzwinkern irgendetwas oder irgedjemand angegriffen habe. Auch nicht das Familienerbe.

Friedliche Grüße

Howie

P.S.: Vollständige Übereinstimmung zu Viktors P.S. (Formatierung). Überfordert mich intellektuell.


Anmerkung: Ich weiß auch nicht genau, wie man dieses Formatierungs-Kauderwelsch vermeiden kann, vermutlich liegt es daran, dass manchmal bei der Eingabe der 'FCK WYSIWYG editor' ausgewählt wird, warum auch immer. :roll: :frage:
Ich habe versucht, den Beitrag in Deinem Sinne zu bearbeiten. Schau doch bitte noch mal drüber, ob es so richtig ist.
Gruß, Petra
Dieser Beitrag enthält 235 Wörter

Antworten

Zurück zu „Wader, Hannes“