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Dylan-Porträt "Sag erst ma nix"

Verfasst: Fr 9. Dez 2016, 14:01
von Gesch
Ihr Lieben,
morgen ist in Stockholm die feierliche Übergabe der Nobelpreise an die Preisträger 2016. Nicht dabei sein kann oder will Bob Dylan, der mit dem Nobelpreis für Literatur gewürdigt wurde. Er werde sich, so war zu lesen, von Patty Smith vertreten lassen.
Nach Bekanntgabe der Entscheidung des Nobelpreiskomitees in der ersten Oktober-Hälfte hatte er sich einen halben Monat Zeit gelassen, um darauf zu reagieren und es schien zunächst, als habe es ihm die Sprache verschlagen.
Diese Verweigerung einer raschen Reaktion brachte mich auf die Idee zu meinem Dylan-Porträt, das nun - rechtzeitig vor der feierlichen Übergabeveranstaltung - fertig geworden ist.
Es heißt "Sag erst ma nix", füllt als eine Art Hörbuch mit Musik und Zwischentexten zwei CDs, auf denen auch als "Pausenlieder" nach dem ersten Teil und "Zugaben" nach dem zweiten Teil ein paar ergänzende, von mir übertragene Lieder von Bob Dylan zu hören sind.
Die Ausgangslage für das Porträt/Liederprogramm ist diese:
Bob Dylan bekam am 13. Oktober 2016 den Literatur-Nobelpreis zuerkannt. Dazu schwieg er bis zum Monatsende.
Seit Anfang der Sechziger Jahre hat Dylan die Entwicklung der populären Liederlyrik weltweit so sehr beeinflusst, dass es kaum überschätzt werden kann.
Mit dem Preis für Dylan rückt auch eine der ältesten Varianten der Dichtkunst enger ins Blickfeld.
Es ist die Kunst derer, die sich besonders strengen sprachlichen Ausdrucksformen unterwerfen, in denen Metrik und Reime eine wichtige Rolle spielen. Durch die Verbindung von Sprache mit Musik hat sich eine Dichtkunst entwickelt, die verbunden mit einem gekonnten, eigenständigen Vortragsstil besonders die Gefühle anspricht.
Erinnert sei an früheste Werke diese Dichtkunst, etwa von Homer, oder an die griechische Mythologie, in der man einem Sänger namens Orpheus nachsagte, er habe mit seinem Gesang seine verstorbene Geliebte Eurydike - wenigstens vorübergehend - der Gewalt des Totenreiches entreißen können.
Nun ist Bob Dylan unbestritten kein begnadeter Sänger und kein unumstrittener Künstler. Und doch hat er diese Variante der Liederdichtkunst in den vergangenen fünf Jahrzehnten entscheidend geprägt. Als er mit Anfang Zwanzig in New York auftauchte, war er einer von vielen, die in der Nachfolge des legendären Folksängers Woody Guthrie mit Gitarre in den Kaffeehäuser des Szene-Stadtteils Greenwich Village Lieder singend ein paar Dollar verdienen wollten.
Ein anderer Sänger war Phil Ochs, kein halbes Jahr älter und deutlich politischer. Als Konkurrenten im Wettstreit, die sich immer wieder herausforderten, noch bessere Lieder zu schreiben, verbrachten sie viel Zeit miteinander, bis ersichtlich wurde, dass Dylan der Künstler mit mehr Erfolg und Einfluss werden sollte. 1965 kam es aus wohl eher lächerlichem Anlass zum Zerwürfnis.
Erst acht Jahre später kreuzten sich künstlerisch ihre Wege nur noch einmal. Inzwischen war Bob Dylan ein bewunderter Weltstar, und der erfolglose Phil Ochs ein gescheiterter Sänger, der seine Depressionen im Alkohol ertränkte. Drei Jahre danach nahm er sich im Frühjahr 1976 das Leben.
(Über Phil Ochs gibt es von mir unter dem Titel "Die Jagd nach Ruhm und Ehre" ein Porträt-Programm als musikalisches Hörbuch über drei CDs. Ich habe es - deutlich gekürzt - 2016 beim Pfingstfestival auf der Burg Waldeck gespielt. Das Dylan-Porträt "Sag erst ma nix" könnte auch als eine Art Ergänzung des Ochs-Porträts gesehen werden.)
Stellen wir uns vor, irgendwo hat der verblichene Phil Ochs Mitte Oktober 2016 von der Nobelpreis-Würdigung Dylans erfahren. Er überwindet alten Groll und es gelingt ihm in Dylans "Schweigezeit", eine direkte Verbindung in Dylans Kopf herzustellen. Ochs will an alte Zeiten erinnern, Missverständnisse ausräumen, Dylan zur Rede stellen, aber auch mit einem Dylan-Song der Travelling Wilburys ehrlich gratulieren…
...aber Dylan sagt erst ma nix...
Nobles Schweigen auf penetrante Fragen
an einen maulfaulen Nobelpreisträger -
ein monologischer Dialog,
durchsetzt mit ein paar recykelte "Zimmerman's Liedern".
Zögerliche Versuche behutsamer Annäherungen
an ausgesuchte kreative Phasen von Bob Dylan
mit Hilfe eines fiktiven Gesprächs zwischen ihm und Phil Ochs,
der auch an verschiedene Lieder des Literatur-Nobelpreisträgers erinnert.
Aus den Fingern gesogen von
Gerd Schinkel.
Bei Interesse gerne melden
herzlich
Gerd


Dylan-Porträt "Sag erst ma nix"

Verfasst: Mo 12. Dez 2016, 18:46
von Nicky
Lieber Gerd,
vielen lieben Dank für die prompte Lieferung nach der Fertigstellung des „Dylan-Programms“.
Ich hab´s mir mittlerweile zweimal angehört und habe das Gefühl, noch immer nicht alle versteckten Spitzen herausgehört zu haben. Da bleibt noch etwas zu entdecken. ;-)
Das Programm ist ganz nach meinem Geschmack. Ich kann mit Dylan selbst nicht wirklich viel anfangen, finde seine Art extrem arrogant, was seine Reaktion auf den Nobelpreis (oder sollte ich besser sagen seine nicht-Reaktion) nur nochmal bestätigt. Andererseits finde ich seine Lieder toll........wenn er sie denn nicht selbst singt.
Mit diesem Programm wird alles bedient, was ich mir wünschen könnte. Das (fiktive) Gespräch zwischen Ochs und Dylan (oder besser gesagt Ochs´Monolog) ist einerseits mit kleinen Spitzen überhäuft, andererseits erfahre ich etwas aus der gemeinsamen Geschichte der beiden. Ich muß Dylan´s Stimme nicht ertragen, kann seine Lieder aber trotzdem hören. Und das ganze dann auch noch übersetzt in die Sprache, die ich am besten verstehe. Wunderbar :-)
Toll übrigens auch, wie der Text und die Lieder aufeinander abgestimmt sind. Man hat das Gefühl, Dylan antwortet auf Ochs Fragen zwar nicht mit Worten, aber mit Liedern.
Bin gespannt, welches Thema du dir als nächstes vornimmst.....und melde hiermit schonmal die nächste Bestellung an. :-)
Alles Liebe
Nicole