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Neues Album von Bob Dylan steigt sofort auf Platz 1 der deutschen Album-Charts

Verfasst: Di 30. Jun 2020, 17:02
von migoe
Bob Dylan zähle ich persönlich nicht zu den Musikern, dessen Alben ich bisher gerne und viel gehört habe. Viele seiner Lieder sind aber Klassiker und wer - wie ich - irgendwann einmal angefangen hat, Gitarre zu spielen :gitarre: , wird froh sein über sein Talent tolle und eingängige Melodien in 2-3 Akkorde zu verpacken.

Die Texte haben mich persönlich nie so richtig inspiriert, aber sehr viele Menschen sehen das völlig anders und wahrscheinlich hat es wirklich einen (oder mehrere) gute/n Gru(ü)nd/e, weshalb er im Herbst 2016 sogar den [note=Literaturnobelpreis]Quellen: [/note] verliehen bekommen hat. Von dieser "Ehre" war er damals aber selbst sehr überrascht und musste zunächst wochenlang darüber nachdenken, ob und wie er darauf reagieren sollte. Erst Monate später konnte er sich dazu durchringen, den Preis still und heimlich abzuholen - was ihn für mich sogar ein bißchen sympathisch werden lies :-D

Mitten in der Corona Krise liefert er nun ein Album ab, welches viele Kritiker [note=überraschend]Ich meine das nicht ironisch, sondern habe das in den vergangenen Jahren irgendwie öfter so wahrgenommen, dass die Reaktionen und Meinungen zu Bob Dylan immer einen gewissen negativen "Grundton" hatten[/note] positiv aufgenommen haben und dass sich weltweit gut verkauft und [note=von den Kunden sehr freundlich bewertet]Quellen:
  • Amazon.de Bewertungen Stand 30.06.2020
    bob-dylan_rough-and-rowdy-ways_amazon-bewertung-30-06-2020.jpg
  • jpc.de Bewertungen Stand 30.06.2020
    bob-dylan_rough-and-rowdy-ways_jpc-bewertung-30-06-2020.jpg
Ist natürlich nur eine Momentaufnahme und zudem nicht repräsentativ, aber es zeigt die von mir wahrgenommene Tendenz[/note] wird. Nachdem ich mich selber einmal durch die 2 CDs durchgehört habe, bin ich froh, dem Album Rough an Rowdy Ways eine Chance gegeben zu haben.

Mein erstes Fazit kurz gesagt: mir gefallen die meisten Songs sehr gut und ich werde in den nächsten Wochen einige Lieder dieses Albums auf meine Favorites-Songlist setzen.
bob-dylan_rough-and-rowdy-ways_jpc-cover.gif
Meine Favoriten nach dem ersten Hören: Mir gefallen wohl eher die ruhigen und unspektakulären Songs. Mit den Texten von Dylan tue ich mich auch 2020 noch schwer. Vielleicht liegt es auch daran, dass Englisch nicht meine Muttersprache ist und ich viele Anspielungen und Verweise nicht auf's erste Hören mitbekomme.

Eine Besonderheit ist der [note="Song"]Bob Dylan singt hier nicht wirklich, sondern spricht den Text mit musikalischer Begleitung, aber genau das passt für mich auch ganz gut zum Thema des Songs. Sehr viel Text und sehr anspruchsvoll. [/note] [note=Murder Most Foul]Eine Übersetzung ins Deutsche habe ich bei genius.com  gefunden

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=3NbQkyvbw18 [/youtube][/note], welches als einziger Song auf der 2.CD des Albums eingebrand wurde mit fast 17 Minuten auch die längste je von Dylan veröffentlichte Single ist. Erstaunlich ist auch, dass gerade dieses Lied die bisher erste und einzige [note=Nr.1-Single]Quelle: Englische Wikipedia  mit Stand vom 30.06.2020
bob-dylan_rough-and-rowdy-ways_wikipedia_murder-most-foul.jpg
[/note] von Bob Dylan in den US-Billboard-Charts geworden ist!

Zuletzt will ich noch auf einige Presseberichte und Rezensionen verweisen, die ich in den letzten Tagen zu diesem Album gelesen/gesehen habe:
  • Die Webseite Musikexpress.de meldete heute, dass Bob Dylan mit diesem Album gleich mehrere Rekorde aufgestellt hat...
  • Der Deutschlandfunk berichtet, dass Bob Dylan es mit "Rough and Rowdy Ways zum ersten Mal überhaupt in Deutschland an die Spitze der Album-Charts geschafft hat.
  • Natürlich hat auch das Rolling Stone eine Meinung zum neuen Album
  • Die Nordwest-Zeitung lobt das "Monumentalgemälde von Album" in den höchsten Tönen und resümiert bereits zu Beginn des Artikels: "Die Abgesänge waren verfrüht"
  • In einem Radiobeitrag des Bayerischen Rundfunks bezeichnet Roland Biswurm den Künstler als "den Fixstern am Firmament der Liedermacher" und bescheinigt ihm ein "intimes, schwermütiges Werk über den amerikanischen Wahnsinn" vorgelegt zu haben.
  • Auf Sounds&Books.com ist der Autor der Rezension überzeugt, Bob Dylan würde mit diesem Album seine "Könnerschaft" beweisen und wäre ein wahrer "Zauberer, der uns gekonnt seine Kunststücke vorführt"
Auf YouTube habe ich bisher diese Videorezension gefunden:
[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=O3ngZEAeMPc [/youtube]
Fast schon unheimlich, dass es Bob Dylan mit fast 80 Jahren nun scheinbar geschafft hat, sich endgültig durchzusetzen und zu überzeugen :-D Was meint Ihr dazu?

Neues Album von Bob Dylan steigt sofort auf Platz 1 der deutschen Album-Charts

Verfasst: So 12. Jul 2020, 16:54
von migoe
Die katholische Zeitung "[note=Die Tagespost]https://youtu.be/J5z6AErPyJE [/note]" hat am 04.07.2020 einen Artikel mit dem Titel Die große Freiheit über den Wolken veröffentlicht.
Die-Tagespost-Die-grosse-Freiheit-ueber-den-Wolken.jpg
Darin beschäftigt sich der Autor Alexander Pschera mit den beiden aktuellen Studioalben von Bob Dylan und Reinhard Mey und macht sich Gedanken darüber, ob es sich bei beiden Künstlern eventuell jeweils um das "letzte Album" handelt und dass beide damit ihren Frieden mit Gott (Dylan) und der Welt (Mey) geschlossen haben könnten. Zumindest lese ich das aus dem Text heraus :-D - ein kleines Beispiel, warum ich das so sehe:
Der Eindruck, „letzten“ Alben zu lauschen, stellt sich nicht aufgrund des biologischen Alters der Künstler ein. Dylan legt mit „Rough and rowdy ways“ sein 39., Mey mit „Das Haus an der Ampel“ sein 28. Studioalbum vor, und beiden Werken ist eine Melancholie eingeschrieben, die andeutet, dass diese Musik sich einer Grenze nähert, die dieses Leben vom nächsten trennt. In dieser Sphäre hält man Rückschau, hier werden aus Erinnerungen Veduten gebaut, hier blickt man auf das eigene Leben gleichsam von einem Gipfel zurück und verfolgt die Täler, Flüsse, Straßen und Hügel, die fruchtbaren Felder und vielleicht auch die verbrannte Erde, die man durchschritten und durchkämpft hat. Aber auch die Vorschau auf das, was kommen mag, auf die große Freiheit, die uns „über den Wolken“ erwartet, schleicht sich in die Lieder dieser beiden wunderbaren Alben ein, und das auf ganz unterschiedliche Art und Weise.
► Text anzeigen
Der Text liest sich etwas sperrig und ist natürlich deutlich aus dem Blickwinkel der katholischen Kirche geschrieben. Letztlich kann es nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei beiden Alben um das jeweils "letzte Werk" der Künstler handeln könnte. Die "theologische" Sicht auf das Werk der Künstler und ihre "letzte Lebensphase" ist meiner Meinung nach aber sehr interessant. Leider verwendet der Autor einige Begriffe, von denen ich finde, es hätten auch andere Worte gesetzt werden können, die verständlicher und gleichwertig sind, z.B. [note=Immanenz]Immanenz bezeichnet das in den Dingen Enthaltene, das sich aus ihrer individuellen und objektiven Existenzweise ergibt. Es ist der Gegenbegriff zur Transzendenz. Das Adjektiv immanent bezeichnet eine einem Gegenstand innewohnende Eigenschaft, die somit nicht durch Folgerung oder Interpretation hergeleitet worden ist.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Immanenz [/note] und [note=Veduten]Eine Vedute ist in der bildenden Kunst die wirklichkeitsgetreue Darstellung einer Landschaft oder eines Stadtbildes. Gemäß der Kunsttheorie der damaligen Zeit ist das Ziel die Wiedererkennbarkeit. Alle anderen Aspekte der Bildgestaltung sind weniger wichtig.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Vedute [/note].

So wie ich den Autor verstanden habe, geht er davon aus, dass Bob Dylan auf seinem Album, und vor allem in dem Lied [note=„I‘ve made up my mind to give myself to you“]Übersetzung auf quedeletras.com 

Ich sitze auf meiner Terrasse, verloren in den Sternen
Lauschen Sie den Klängen der traurigen Gitarren
Ich habe alles überlegt und ich habe alles durchdacht
Ich habe mich entschlossen, mich dir zu geben

Ich sah den ersten Schneefall
Ich sah die Blumen kommen und gehen
Ich glaube nicht, dass es jemals jemand gewusst hat
Ich habe mich entschlossen, mich dir zu geben

Ich gebe mich dir, das bin ich
Von Salt Lake City nach Birmingham
Von East LA nach San Antone
Ich glaube nicht, dass ich es ertragen kann, mein Leben alleine zu leben

Mein Auge ist wie eine Sternschnuppe
Es sieht hier oder da nichts an, es sieht nichts in der Nähe von fern
Niemand hat es mir jemals gesagt, es ist nur etwas, was ich wusste
Ich habe mich entschlossen, mich dir zu geben

Wenn ich die Flügel einer schneeweißen Taube hätte
Ich würde das Evangelium predigen, das Evangelium der Liebe
Eine Liebe so real, eine Liebe so wahr
Ich habe mich entschlossen, mich dir zu geben

Nimm mich mit auf Reisen, du bist ein reisender Mann
Zeig mir etwas, was ich nicht verstehe
Ich bin nicht das, was ich war, die Dinge sind nicht das, was sie waren
Ich werde mit ihr weit weg von zu Hause gehen

Ich habe einen langen Weg der Verzweiflung zurückgelegt
Ich habe dort keinen anderen Reisenden getroffen
Viele Leute sind weg, viele Leute, die ich kannte
Ich habe mich entschlossen, mich dir zu geben

Nun, mein Herz ist wie ein Fluss, ein Fluss, der singt
Ich brauche nur eine Weile, um Dinge zu realisieren
Ich habe den Sonnenaufgang gesehen, ich habe die Morgendämmerung gesehen
Ich werde mich neben dich legen, wenn alle weg sind

Ich bin von den Bergen zum Meer gereist
Ich hoffe, dass die Götter es mir leicht machen
Ich wusste, dass du ja sagen würdest, ich sage es auch
Ich habe mich entschlossen, mich dir zu geben[/note] in Zwiesprache mit "Gott" ist und sich seine Verse so interpretieren lassen, dass er (Dylan) nun bereit und entschlossen ist, sich "hinzugeben".

Bei Reinhard Mey meint der Autor seine Verbundenheit zu "Gott" durch die Themen Familie/Freundschaft/Glück usw. erkennen zu können. Grundsätzlich würde ich diesen Gedanken mitgehen, aber denke persönlich nicht, dass es Mey um diese Auslegung ging und er einfach beschreibt, was ihm wichtig ist und wie er die Welt sieht und erlebt. In einem Interview vor ein paar Wochen hat er sich auch dazu geäußert, wie er zum "Glauben an ein Leben nach dem Tod" steht. Für ihn ist es nicht Glaube, sondern ein tiefer Wunsch für sich selber, noch einmal seinen Sohn Max sehen zu können, der nach Jahren im Wachkoma im Jahr 2014 verstorben ist.

Was meint Ihr dazu? Sind es die beiden letzten Alben von Reinhard Mey und Bob Dylan, die 2020 veröffentlicht wurden? Seht Ihr auch einen "Gottesbezug" in den Alben/Liedern? Sollte es wirklich ein Leben nach dem Tod geben?

Neues Album von Bob Dylan steigt sofort auf Platz 1 der deutschen Album-Charts

Verfasst: Mo 13. Jul 2020, 11:15
von Skywise
migoe Zitat: So 12. Jul 2020, 16:54
Darin beschäftigt sich der Autor Alexander Pschera mit den beiden aktuellen Studioalben von Bob Dylan und Reinhard Mey und macht sich Gedanken darüber, ob es sich bei beiden Künstlern eventuell jeweils um das "letzte Album" handelt und dass beide damit ihren Frieden mit Gott (Dylan) und der Welt (Mey) geschlossen haben könnten.
Joah, im wesentlichen würd' ich das auch aus dem Text herauslesen.
Wobei meine Auffassung in beiden Fällen ein wenig anders ist. Bei Reinhard Meys "Haus an der Ampel" hatte ich den Eindruck, daß hier jemand ganz bei sich ist, was sich auch weitestgehend im Fehlen von Themen außerhalb des Mey'schen Kosmos andeutet. Es ist ein Album mit vielen Rückblicken und vielleicht mit der einen oder anderen Bilanz. Es ist das Album eines Menschen, der sich bewußt ist, daß dieses Album sein letztes sein könnte, ohne jedoch diese Aussage gezielt machen zu wollen. Nach Hören des Albums glaube ich, daß hier jemand weiterhin Musik machen möchte, aber auch gleichzeitig bereit ist, das Ruder loszulassen, wenn er merken sollte, daß es damit nicht mehr funktioniert.
Bei Bob Dylan hatte ich eher den Eindruck, daß er sich nach Alben, auf denen er sich Fremdmaterial gewidmet hat, insbesondere wenigstens einem Teil seiner Einflüsse aus dem American Songbook, und nicht zuletzt auch nach der Geißelung mit dem Literatur-Nobelpreis, mit der Kultur seines Landes und seiner Generation auseinandergesetzt hat. Vor allem dieses Prinzip von Ursache und Wirkung scheint es ihm auf diesem Album angetan zu haben. Ob Dylan seinen Frieden mit Gott gemacht hat, weiß ich nicht; ich weiß aber, daß eine Auseinandersetzung mit Gott auf dem aktuellen Album keinen Platz gehabt hätte. Und ob Dylan wirklich im Sinn hatte, daß dies sein letztes Album sein könnte oder sollte, wage ich zu bezweifeln. So oft Dylan auf dem Album auch in der Vergangenheit weilt, so weit bekräftigt er meiner Auffassung nach, daß es auch eine Zukunft geben wird; davon, daß diese Zukunft von anderen Leuten geformt werden wird als von ihm, spricht er nicht.

Gruß
Skywise