Barde schrieb:Die Verteilungsgerechtigkeit bei der GEMA bekommt von mir die Note 5 (mangelhaft), da die sog. "Großen" überproportional bei der Ausschüttung profitieren, anhand von Regeln, die sie sich selbst gemacht haben.
Sicher. Aber.
Siehe zwei Absätze weiter unten.
Die großen - industriellen - Musikverlage sitzen auch mit im Boot und kochen dort ihr ureigenes Süppchen. Wenn es im Deutschen Bundestag so wäre, würde ein Aufstand wie in der Ukraine durchs Land gehen. Stellt Euch mal vor die Großkonzerne stellen auch Abgeordnete, so ist es im Vergleich gesehen bei diesem Verein auch. Diese Vorgehensweise erinnert an Zeiten, in denen in Deutschland noch das Dreiklassenwahlrecht bestand und die Begüterten damit mehr Gewichtung bei der Entscheidung hatten. Das sind undemokratische und damit nicht mehr zeitgerechte Strukturen.
Demokratie in sämtlichen und allerhöchsten Ehren, aber es gibt in meinem beruflichen Umfeld viele Institutionen, in denen man sehr (!) bewußt auf demokratische Instrumente verzichtet.
Mal auf die Sachen übertragen, die ich über C3S gehört habe: da scheißt jemand drei Beiträge in den Karteikasten, für die sich niemals auch nur ein Mensch interessiert, und hat plötzlich das gleiche Gewicht wie ein hauptberuflicher Hitproduzent, der dem Laden Umsatz und Gewinn bringt. Da die Hitproduzenten traditionell eher in der Unterzahl sind gemessen an den Leuten, die Musik als besseres Hobby betreiben, und selbst in der Unterzahl gemessen an denjenigen, die zusätzlich als Nutzer auftreten, sei es als Labelchef, Discobetreiber oder Organisator von Veranstaltungen, kann man den möglichen Großverdienern ebenfalls sehr gut das Wasser abgraben, wenn man denn möchte - die quantitative Mehrheit hat man ja.
Da kenne ich Musiker, die Titel von befreundeten Musikern gespielt haben, dies auch auf der eingereichten Titelliste vermerkten - und trotzdem hat der Urheber nie einen Cent dafür gesehen. Diese Mühe macht man sich nicht bei der GEMA.
So eigentlich höchstens halb richtig. Ich kann als Außenstehender natürlich keine Aussagen über GEMA-Interna treffen, aber was ich beruflich von den Leuten mitbekomme, die auf der Nutzerseite stehen, ist der Markt im allgemeinen nicht willens oder technisch in der Lage, die einzelnen gespielten Stücke vernünftig zu protokollieren; schon mal gar nicht, wenn man größerer Nutzer ist und sich mit der GEMA auf einen Rahmenvertrag verständigen kann. Bei irgendwelchen Auftritten in diesem Rahmen ist meistens für die GEMA-Abrechnung nur interessant, ob überhaupt an dem Abend ein GEMA-Titel gespielt wurde, um die Geschichte entsprechend abzustreichen. Dasselbe findet sich im Prinzip auch an jedem Autoscooter, in jeder Friseurstube, in jedem größeren Supermarkt, in jeder Eckkneipe mit Jukebox oder Radiodauerbeschallung - die Rahmenverträge machen's möglich, daß Musik genutzt wird, ohne daß man minutiös protokollieren muß. Das ist bei genauerer Betrachtung nicht im Sinne des Gesetzgebers, aber derzeit gibt's wohl keine vernünftige Lösung für das Problem. Die Sendeanstalten werden seit einigen Monaten etwas härter rangenommen in Sachen Programmprotokoll, aber das sind ja nur 'ne Handvoll gemessen an der eigentlichen Nutzerschar.
Was macht man nun mit der Kohle, die man über die Rahmenverträge reinbekommt und die praktisch nicht genau aufgeteilt werden kann? Behalten kann's die GEMA aus verschiedenen Gründen nicht, also muß das Geld verteilt werden. Und hier gibt's nun das Problem: wie man's macht, macht man's verkehrt. Das Gießkannenprinzip ist genauso unfair wie das praktizierte, daß man davon ausgeht, daß über die Rahmenverträge vorrangig die Genregrößen angesprochen wurden. C3S hat sich zu diesem Problem meines Wissens noch gar nicht geäußert. Aber ich kann Dir versprechen: die Lösung wird unfair sein.
Da wurden Veranstaltungen lizenzpflichtig weil Titel eines ausländischen Künstlers gespielt wurden und die GEMA angab die Rechte dieser ausländischen Vertretungsgesellschaft mit zu vertreten. Pech nur, dass man bei der anderen Gesellschaft anfragte, ob das Geld auch wirklich ankam. Natürlich war dies nicht der Fall. Die Sache endete mit einer Betrugsanzeige und einer kleinlauten Erklärung der GEMA es hätte sich halt (wie so oft
)um ein Versehen gehandelt.
Das Problem will ich nicht kleinreden. Bei ca. 1.500.000 Veranstaltungen pro Jahr und 150 Kooperationsverträgen mit anderen Verwertungsgesellschaften wär's allerdings ein gigantisches Wunder, wenn keine Fehler oder Versehen passieren würden. Hat man eigentlich im Gegenzug mal nachgefragt, wie viel Geld von ausländischen Verwertungsgesellschaften nicht bei der GEMA angekommen ist?
Dieser Laden korrumpiert sich durch sein Verhalten selber. Wenn ich im Radio oder Fernsehen gespielt werden würde (man achte auf den Konjunktiv
), hätte es Sinn dort beizutreten, ansonsten ist es wirklich rausgeschmissenes Geld.
Weiß ich nicht. Es gibt viele E-Musik-Komponisten, die überhaupt nicht im Radio oder Fernsehen stattfinden - dank diverser Einsätze im Konzertsaal oder Theater oder meinetwegen in Filmen, gerne auch experimenteller Natur, nebst Tonträgern/Downloads/sonstwas kann man anscheinend durchaus zumindest ein gutes Zubrot über die GEMA verdienen.
Da stelle ich mir die Frage: Kann es denn noch schlimmer werden?
Aber immer!
Ihr dürft auch nicht vergessen, wie die Diskussion um die GEMA-Petition und auch die neue C3S doch zu minimalen (aber noch unzureichenden) Verbesserungen in deren Verhalten geführt hat.
Offen gestanden glaube ich, daß die GEMA-Petition allerhöchstens ein bißchen und die C3S mal so eben rein gar nichts mit den Änderungen in jüngerer Zeit zu tun hat. Genau genommen schreibe ich der technischen Entwicklung gerade der letzten zehn Jahre einen deutlich größeren Einfluß zu und die Einsicht, im eigenen Datensalat deutlich mehr Transparenz nötig zu haben. Wenn man schon die Vorreiterrolle in Europa auf der Fahne stehen hat, kann man schlecht Behördendenken der 80er Jahre an den Tag legen. Es sind ein paar alte Bärte mittlerweile gegangen und ein paar neue gekommen, die ein wenig frischen Wind gebracht haben. Jedenfalls soweit mein Eindruck von außen.
Gruß
Skywise