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Die Sache mit der Quote...

Verfasst: Do 11. Dez 2003, 10:38
von migoe
Schon seit Jahrzehnten (vielleicht schon seit der Zeit des Beat und der Beatles?) gibt es in Deutschland in schöner Regelmäßigkeit Diskussionen darüber, ob es gut für die deutsche Sprache bzw. die Deutschen an sich ist, wenn im Radio und den anderen Medien mehr angloamerikanische bzw. englischsprachige Musik vorherrscht bzw. die in deutscher Sprache populäre Musik sich vor allem aus Schlager und Volkmusik zusammensetzt.
Aktuell ist es ja gerade einer der bekanntesten und erfolgreichsten Liedermacher Deutschlands, nämlich Reinhard Mey, der sich öffentlich zu Wort meldet und sich vehement für eine Quote für deutschsprachige Musik einsetzt. Sein sehr leidenschaftliches Plädoyer dazu wurde von Marc gestern ins Pressearchiv eingestellt (hier geht es zum Artikel). Da ich selber auch eher deutschsprachige Musik höre - andere Sprache liegen mir nicht, und ich verstehe gerne, was andere mir ins Ohr flüsten, singen, schreien usw - und mir die platten und seichten Lieder, die zum größten Teil im Radio und auf VIVA, MTV usw. laufen ebenfalls auf den Geist gehen, stehe ich Reinhard Mey in dieser Frage auch zur Seite.
Doch als ein Mensch, der (vielleicht durch meinen Beruf) es gewohnt ist, auf den "Markt" zu vertrauen und sicher ist, daß es viele Menschen gibt, die die Meinung Meys teilen, aber leider immer noch zu wenig Plattenverlage, die hierbei auch eine Möglichkeit sehen, Geld zu verdienen, lieber so weitermachen wie bisher und die Gründe für die eigenen Mißerfolge lieber auf die Kundschaft bzw. die CD-Brenner schieben, ist es dennoch schwer zu fordern, deutschsprachige Musik quasi per staatlicher Verordnung im Radio durchzusetzen. Das widerstrebt mir eigentlich vollkommen.
Ich sehe darin die Gefahr, daß bestimmte Musikgattungen dann sozusagen "diskriminiert" werden könnten, denn es muß ja eine Regelung gefunden werden, die in irgendeiner Weise die Interessen und Geschmäcker der breiten Masse wiederspiegelt. Nun fällt es mir aber schwer zu glauben, es würden z.B. 70% der deutschen Radiohörer vor allem Musik von Patrick Lindner und Co. hören. Genauso falsch wäre es aber auch zu sagen daß z.B. 50% der Radiohörer ausschließlich Liedermacher-Musik konsumieren möchten.
Für mich ist es eine Glaubensfrage - und in Sachen Glauben habe ich eine grundsätzliche Meinung, die schwer zu kippen ist - deshalb bin ich auch wieder sehr zwiegespalten bei der Frage nach der Quote. Mich würde sehr die Meinung der Besucher dieser Seite interessieren, auch und vor allem, ob es Menschen hier gibt, die mit so einer Quote gar nicht einverstanden wären.
migoe, der ausdrücklich darauf hinweisen möchte, daß JEDE Meinung hier Raum hat und - wenn in einem verständlichen und respektvollen Ton vorgetragen - nicht zensiert wird!

Die Sache mit der Quote...

Verfasst: Do 11. Dez 2003, 14:44
von moni
Hallo migoe,
also ich fände eine solche Qutenregelung überhaupt nicht schlecht. Ich glaube zwar nicht, dass dann Reinhard Mey sehr viel öfter im Radio zu hören wäre aber vielleicht müßten sich dann einige Leute beim Radio mal ein paar Gedanken machen ob das mit der "Durchhörbarkeit" wirklich das Non plus ultra ist.
Dieses Wort(Durchhörbarkeit)und die Erklärung dazu ist mir ziemlich aufgestossen, das war mir so nicht bewußt und deshalb schalte ich jetzt ganz "bewußt" mein Radio morgens aus wenn meine Söhne und mein Mann das Haus verlassen haben.
Liebe Grüße von der jetzt noch mehr CD hörenden
Moni

Die Sache mit der Quote...

Verfasst: Do 11. Dez 2003, 15:38
von Michael
Hallo,
ich muss schon sagen, dass ich den Text von RM wirklich nachvollziehen kann, allerdings weiß ich nicht, ob die Quote so das richtige ist. Ich hab's an anderer Stelle schon mal erwähnt, dass ich mich aus solchen Fragen am liebsten raushalte mit der Bemerkung: Ich höre was ich will. Aber ich hätte halt schon gern ein paar Anregungen, was man denn so hören kann durch Radio und Fernsehen. Da kommt in der Tat fast nichts. Insofern wäre eine Quote ganz praktisch (obwohl ich nichts gegen englische Musik habe. Ist ja manchmal ganz gut, wenn man die Texte gerade nicht versteht). Allerdings befürchte ich, dass eine Quote nur dazu führt, dass Grönemeyer, Westernhagen und was weiß ich mehr gespielt wird. Und darauf kann ich verzichten. Eine Qualitätsquote dürfte mangels objektiver Kriterien ja leider nicht durchzubekommen sein.
Michael


Die Sache mit der Quote...

Verfasst: Do 11. Dez 2003, 17:00
von Gast
Hallo,
ich finde den Beitrag von Reinhard Mey gut und kann ihn auch nachvollziehen.
Ich würde mit meiner Kritik allerdings nicht bei der Sprache ansetzen, sondern bei der Qualität der Programme.
Es ist scheinbar so, dass in den Rundfunkstationen nur noch ein Wortanteil von 5,10 oder wenn es hochkommt 20% zu einem Musikanteil 95%, 90% oder 80% pro Sendung und Sender möglich ist. Wo sind die interessanten Features über einen Sänger oder eine Musikgruppe? Wo sind die mitreissenden Kommentare zu einzelnen Liedern, die Bemerkungen zur Entstehung eines Liedes? Wo ist die Begeisterung für einen Sänger in den Kommentaren des Radiomoderators noch zu finden? Wo kommt der Künstler im Radio noch zu Wort?
Wenn die Rundfunkredakteure gezwungen wären, sich mit der Musik die sie spielen, auseinanderzusetzen, müßten sie auch wieder auf die Suche nach interessanten Interpreten gehen.
Dann würden Sie auch auf den hoffnungsvollen deutschen Nachwuchs stossen. Sie würden auch den Weg, z.B. zu den französischen, italienischen, niederländischen, belgischen Interpreten finden.
Für mich ist die Musik etwas, die ja gerade Grenzen überschreitet und deshalb möchte ich die ganze Vielfalt und nicht ein einseitiges auf den englischsprachigen Raum beschränktes Musikangebot über mich ergehen lassen.
Reinhard Mey hat für eine Quote plädiert, er hat aber nicht ausdrücklich von einer Quote für "anspruchsvolle" deutsche Musik gesprochen.
Ich bin trotzdem für eine Quote für deutschsprachige Musik, unter der Voraussetzung dass auch Quoten für andere Sprachen eingeführt werden. Es kann ja nicht sein, dass wir in Zukunft z.B. 30% deutschsprachige Musik im Radio hören, und der Rest wird nach dem gleichen Schema wie bisher über uns ausgegossen.
Am liebsten wären mir anspruchsvolle Musiksendungen im Radio, die mir die ganze Vielfalt guter Musik nahe bringen würden.
Piet

Die Sache mit der Quote...

Verfasst: Do 11. Dez 2003, 23:13
von Mickey
Lieber migoe,
ich habe Meys Stellungnahme noch nicht gelesen, aber ich habe eine ganz klare Meinung dazu: ich bin einer, der Musik der Kunst zuordnet, und Kunst soll so wenig wie möglich reglementiert werden. Ich bin gegen eine solche Quote. Auch mir gefällt die Audiosuppe nicht, die im Radio gespielt wird... und höre deshalb einfach kein Radio mehr.
Liebe Grüsse
von Reto
PS: manchmal wünschte ich mir, es gäbe eine Quote. Nur hat das wenig mit der Sprache der Musik zu tun, sondern eher mit der Musik selbst, die mir grösstenteils nicht gefällt. Toll ist es natürlich in den USA, wo es Radiosender gibt, die sich einzig und allein auf einen Musikstil oder eine Ära konzentrieren. Das wäre was!

Die Sache mit der Quote...

Verfasst: Fr 12. Dez 2003, 23:19
von Carsten K
Eigentlich hatte ich ja gestern schon hier was geschrieben, ist aber nicht angekommen...
Auf alle Fälle, eine Quote wäre für mich nichts anderes als Zensur, und die lehne ich ab...
Außerdem finde ich, daß deutschsprachige Musik in den Medeien durchaus nicht so unrrepräsentiert ist, wie wir uns es gern glauben machen, weil wir selbst immer noch keinen Plattenvertrag in dieser ach so heiligen Musikindustrie haben...
Deutschrock, Hiphop, Grönemeyer, Wir sind Helden, das kommt ständig im Radio vor, alles deutschsprachig und ganz sicher nicht bloß platter Schlager...
Eine Quote? Höchstens für mich selbst, aber dafür bin ich als Liedermacher nun mal viel zu bescheiden ;-)
lg cARSCHti