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Musikkonsum, Verantwortung und Wertvorstellungen

Verfasst: Fr 28. Nov 2003, 17:48
von Gast
Liebe Leute,
bei der Diskussion zum Thema: "Verändern sich die Lieder?" kommt mir doch der Aspekt der Verantwortung der Konsumenten ein bisschen zu kurz.
Was Maren mit ihrer Frage meinte war doch, ob das Wissen über die Künstlerpersönlichkeit (Einstellungen, Verhalten, etc.) Einfluss auf das Hören der Produkte hat. Nun sind ja Liedermacher u.a. gerade deswegen bei ihren Hörern beliebt, weil sie kein Blatt vor den Mund nehmen, ihre politischen, sozialkkritischen oder auch einfach persönlichen Empfindungen ausdrücken. Deshalb finde ich es erstaunlich, dass es in der Diskussion fast ausschließlich um die Frage geht, ob unabhängig vom Künstler und dessen persönlicher Aussagen, die Stücke "genial" sind.
Natürlich gilt es nicht allgemein für jeden Künstler, (ich finde, persönliche "Verfehlungen" sind auch Privatsache). Aber wenn ich mit meinem (unkritischen) Konsumverhalten dazu beitrage, dass sich nicht akzeptable Inhalte verbreiten (z.B. gegen die Menschenwürde, um nur ein Beispiel zu nennen) oder ich mit dem Kauf von Produkten des Künstlers aktiv dazu beitrage eine zweifelhafte Gruppierung finanziell zu stärken, dann kann ich auch nicht mehr mit der "Genialität" eines Künstlers argumentieren.
Wer finanzielle Mittel hat, hat potentiell auch gesellschaftliche Macht. Ich finde das schon bedenkenswert, was meint ihr?
Bianca

Musikkonsum, Verantwortung und Wertvorstellungen

Verfasst: Fr 28. Nov 2003, 23:42
von Carsten K
Hallo Bianca,
erstmal schön, daß Du die Frage nach Veränderung der Musik und deren Konsumenten von Herrn Jackson weggebracht hast, ob er Kinder mißbraucht hat oder nicht, ist keine Frage seiner Musik, er propagiert ja nicht in seinen Liedern ja nicht den Kindesmißbrauch, wenn wenn er das getan hat, ist das genauso schlimm, wie bei jemandem, der nicht prominent ist, aber das scheint kaum jemanden interessieren...
Daher ein anderes Beispiel, nämlich Wolf Biermann, der in seinen frühen Jahren auch mit seinen Liedern pazifistische Inhalte rübergebracht hat, inzwischen aber bekennender Befürworter z. B. des Irak-Kriegs ist und seine Ansichten in einem Maß verändert hat, daß ich ihn heute im Gegensatz zu früher nicht mehr mag. Seine alten Platten höre ich aber trotzdem noch gern, nur die neuen würd ich mir nicht unbedingt kaufen...
lg cARSCHti

Musikkonsum, Verantwortung und Wertvorstellungen

Verfasst: Sa 29. Nov 2003, 12:43
von Piet
Hallo Bianca,
bleiben wir bei den Liedermachern. Ich habe im anderen Forum schon gesagt, dass für mich die Authenzität eines Künstlers eine Rolle spielt. Je berühmter ein Künstler wird, um so schwerer wird es meiner Meinung nach authentisch zu bleiben. Ich finde genauso wie du, dass jeder ein Recht auf seine Privatphäre hat. Ein Künstler der ein "Star" ist, kann das aber immer weniger beinflussen.
Echt zu sein, heißt für mich, das jemand möglichst in seinem Privatleben nach den gleichen Wertvorstellungen und mit der gleichen Verantwortung handelt wie auf der Bühne.
Wenn die Wertvorstellungen des Künstlers auch die meinen sind und mir die Musik und die Texte gefallen, werde ich auch Produkte dieses Künstlers kaufen.
Im Umkehrschluß heißt das natürlich, wenn jemand z.B. gewaltverherrlichende Texte verbreitet, werde ich seine Produkte nicht kaufen.
Soweit zur Verantwortung des Konsumenten.
Das Beispiel von cARSCHti ist sehr gut und spricht meiner Meinung das an was Maren ausdrücken wollte.
Sollten wir jetzt die Produkte von Biermann nicht mehr kaufen, weil er neuerdings Beführworter des IRAK Kriegs ist (ich übernehme das jetzt mal von cARSCHti, was er gesagt hat).
Sind die Inhalte in seinen Liedern, die er früher gesungen hat, deshalb heute falsch? Sollte ich diese CD's, die alten, heute nicht mehr kaufen, weil Biermann aktuell seine Ansichten zu Krieg und Frieden verändert hat?
Liebe Grüße
Piet

Musikkonsum, Verantwortung und Wertvorstellungen

Verfasst: Sa 29. Nov 2003, 16:30
von Maren
Hallo, Ihr lieben,
genau das meinte ich. Biermann ist da mit Sicherheit ein gutes Beispiel. Bei Biermann ist es für mich auch einfach zu kontrollieren, da ich ihn verstehen kann. Ich meinte das jetzt einfach schlich sprachlich.
Ich habe zwar in der Schule mal Englisch gelernt, würde aber niemals für mich in Anspruch nehmen, die Texte der Songs, die uns so täglich überschwemmen, auch zu verstehen. Nicht im Mindesten. Und sollte ich mich mal hinsetzen und einen Text der mich wirklich interessiert übersetzen, so könnte ich gewiss nicht alle Feinheiten erfassen.
Drum höre ich ja so gerne Liedermacher. Auch, wenn ich den Inhalt ihrer Lieder (Klaus Hoffmanns Komplexität wurde ja schon angeführt) auch nicht bis ins letzte verstehe, so sind die Chancen dafür doch erheblich größer.
Zu dem Thema habe ich heute schmunzelnd einen kleinen Artikel in unserer Zeitung gefunden:
"Reinhard Mey (60), Liedermacher ("Über den Wolken"), engagiert sich für einen größeren Anteil deutschsprachiger Musik im Radio. Er fordert mit dem Verein Deutscher Sprache nach französischem Vorbild eine Quote deutscher Titel in den Rundfunksendern."
Gute Idee das. Das meine ich ganz ernst.
Und: "Ein Hundsfott, der Schlechtes dabei denkt" Hihi, oder unterstellt ihm irgendwer da Eigennützigkeit??????? ;-)
Maren, die sich heute nicht zwischen Ernsthaftigkeit und Ironie entscheiden kann.:-)