Hallo zusammen!
Bei mir "um die Ecke" tritt am kommenden Wochenende unter anderem Konstantin Wecker auf. Zu diesem Anlass wurde für eine lokale Sonntagszeitung dieses Interview mit Wecker geführt:
"Das Bundesverdienstkreuz würde ich nicht annehmen"
Konstantin Wecker kommt nach Hildesheim. Am kommenden Freitag, den 25. Juli, tritt der Liedermacher beim Sinti-Festival auf dem Gut Steuerwald auf. Der "Kehrwieder" führte ein Interview mit dem bekannten Musiker, Schauspieler, Regisseur und Autor Konstantin Wecker.
Herr Wecker, sie sind Musiker, schreiben Theater-Stücke, spielen dann und wann in Filmen mit, bringen Bücher heraus und engagieren sich noch dazu für zahlreiche soziale Anliegen. Wird es Ihnen nicht manchmal ein bisschen viel?
Wecker: Naja, wenn man nach einem Jahr so zurückschaut, denkt man das vielleicht schon, aber wenn man etwas gern macht, ist das gar nicht so viel.
Wann haben Sie das letzte Mal Urlaub gemacht?
Wecker: Ich mache keinen Urlaub im eigentlichen Sinne. Wir haben ja ein Haus in Italien, wo ich Zeit mit meiner Familie verbringe. In einem Hotel, in dem kein Flügel steht, fühle ich mich einfach nicht wohl.
Warum engagieren Sie sich für das Sinti-Festival?
Wecker: Das ist eine lange Geschichte. Vor etwas einem Jahr erhielt ich Beschimpfungen von Sinti wegen eines Liedtextes, bei dem ich in eine andere Rolle schlüpfe und über Zigeuner schimpfe. Das hat mich sehr belastet. Ich habe die Sache klargestellt, wobei mir Ricardo Laubinger, Organisator des Sinti-Festivals, sehr geholfen hat. Mittlerweile sind wir fast befreundet. Er hat also etwas für mich getan, nun tue ich etwas für ihn. Ich habe schon oft mit Sinti gespielt. Sie werden als Ausländer behandelt, obwohl sie keine sind. Wir sollten von ihrer Kultur lernen.
Viele ohre Lieder sind politisch oder zumindest sozialkritisch. Kann Musik wirklich etwas verändern?
Wecker: Man kann Mut machen und Zeichen setzen. Ich will auch mein Publikum gar nicht zur Revolution anstacheln. Ich glaube, dass ich in meiner Karriere viele Leute angerührt habe, damit sie an sich selbst arbeiten. Jeder soll sich selbst ändern, und nicht einem Leithammel hinterherlaufen, wie es in einer Massenbewegung der Fall ist.
Sterben Liedermacher wie Hannes Wader oder Konstantin Wecker allmählich aus?
Wecker: Es gibt schon junge Künstler, die sich auch wieder den altmodischen Begriff des Liedermachers zu Eigen machen und Wert auf gute Texte legen. Allerdings haben diese Künstler keine Chance in der Industrie oder in den Medien. Wir "Älteren" sollten versuchen, ihnen zu helfen - Ich versuche immer wieder, diesen Nachwuchs dem Publikum vorzustellen.
Welche Künstler haben Sie am meisten beeinflusst?
Wecker: Hans-Dieter Hüsch war mir immer ein Vorbild und auch ein Trost in schweren Zeiten. Er hat mir gezeigt, dass man ein Narr und ein Poet sein darf - so lange man sich treu bleibt. Ohne Georg Kreisler hätte ich wohl nie angefangen, Klavier zu spielen, weil ich dachte, dass man als Liedermacher zur Gitarre greifen müsse. Gott sei Dank bin ich dann beim Klavier geblieben, denn ich bin ein miserabler Gitarrist. Dann gibt es natürlich auch viele Vorbilder aus der Pop-Kultur. Und Hermann Hesse, der mir schon als junger Mensch viel bedeutet hat, und mir immer wichtiger wird.
Können sie sich vorstellen, wie früher noch einmal Teil einer festen Band and zu sein?
Wecker: Ich bin auch sehr gern als Begleitung auf der Bühne, bei Mercedes Sosa beispielsweise. Ich habe damit gar kein Problem. Allerdings würde es das Publikum wohl nicht verstehen, wenn ich nicht irgendwann auch zum Mikro greifen würde.
Verfolgen sie die populäre Musik-Szene in Deutschalnd? Was halten sie davon?
Wecker: Ich beschäftige mich wenig damit. Ich höre kaum Radio, weil mir das Gedudel einfach auf die Nerven geht.
Sie haben zahlreiche Preise und Ehrungen erhaltenn. Was bedeuten diese Ihnen?
Wecker: Es kommt natürlich auf die Preise an, ein Bundesverdienstkreuz würde ich nicht annehmen. Besonders die ersten Preise in den siebziger Jahren waren mir sehr wichtig.
Was ist ihr nächstes Projekt?
Wecker: Im Moment arbeite ich an einem Musical über das Leben Hundertwassers. Es wird am 30. Juli 2004 in Uelzen uraufgeführt. Ich selbst werde bei den ersten Vorstellungen eine kleine Rolle übernehmen.
Gibt es ein künstlerisches Feld, auf dem Sie bisher noch keine Erfahrungen haben, sich aber gern einmal versuchen würden?
Wecker: Ich sehne mich danach, zu malen, aber ich kann es einfach nicht. Das ist schade, denn mein Vaer war ein wunderbarer Maler. Außerdem möchte ich mehr Musik für Orchester schreiben.
Können sie sich vorstellen, ein politisches Amt inne zu haben?
Wecker: Das wurde mir sogar schon von verschiedenen Seiten angeboten, aber das wäre völlig verkehrt. Ich würde diese ganzen Intrigen und Grabenkämpfe nicht durchstehen. Ich brauche ja auch auf der Bühne völlige Harmonie unter meinen Musikern.
Wann kann man mit einer neuen Platte von Ihnen rechnen?
Wecker: Das kann ich nicht sagen. Die Musik kommt schnell, doch die Texte brauchen ihre Zeit. Da geht man ja in sein Innerstes. Aber wenn es dann erst mal läuft, geht alles ganz schnell.
Herr Wecker, vielen Dank für das Gespräch.
Quelle: Kehrwieder am Sonntag v. 20. Juli 2003, Seite 7
Viele Grüße, Marc