Hallo Migoe, da es ein extra Forum für Wader und für Wecker gibt, aber keines für die beiden gemeinsam, poste ich den Beitrag mal im allgemeinen Forum. Zweimal (bei Wader UND Wecker) wollte ich das Riesenwerk nicht reinstellen. Du kannst es ja nach Gutdünken verschieben, das ist ja eh Dein tägliches Brot.
Hallo, Ihr Lieben alle,
nachdem mir die gestresste, ferienjobbende Kristin den Gefallen nicht getan hat, musste ich selbst mein Gedächtnis strapazieren:
Das Konzert begann am Sonntagabend um 21.00 Uhr. Die Nacht davor hatte ich bei meiner Schwester geschlafen, die nicht sehr weit vom ZMF entfernt wohnt (etwa eine Viertelstunde mit dem Fahrrad). Ihre Wohnung liegt im sechsten Stock (5. OG), und da keine größeren Häuser den Schall bremsen, bekommt sie das ZMF wenigstens akustisch mit. Zwar nicht als Musik, aber je nach dem, was für eine Veranstaltung gerade stattfindet, hört sie die Bässe bis tief in die Nacht wummern. Trotzdem musste ich mein Auto am späten Nachmittag auf einen park-and-ride-Parkplatz stellen, damit ich es in der Nacht mit einem der Shuttle-Busse erreichen konnte. Während die meisten Busfahrer missmutig und schweigend ihren Fahrdienst versahen, erwischte ich einen fröhlichen, entertainenden Fahrer, der seinen Beruf und die Menschen offenbar liebt. Im schönsten Freiburger Dialekt gab er Informationen über die Sonderfahrten der Freiburger Verkehrs AG, erklärte aber den auswärtigen Besuchern Begriffe wie beispielsweise Viertel acht oder Dreiviertel neun (19.15h/20.45h). Er wies darauf hin, dass unsere Autos an der Haltestelle 'Munzinger Straße' stehen. Auf das Gelächter antwortete er: "Sie lachen jetzt, wir lachen später!" Anscheinend hatte es seit Mittwoch, als das ZMF begann, täglich Zeitgenossen gegeben, die sich nicht gemerkt hatten, wohin sie ihr Auto gestellt hatten. Dann gab er noch an, dass der letzte Bus nachts um zwei Uhr abfährt. Diejenigen, die auch den nicht erwischt hätten, könnten sich um Viertel drei (2.15h) neben dem Spiegelzelt treffen, von wo dann zwanzig Minuten nach zwei die Wandergruppe in Richtung Freiburg aufbrechen würde, erklärte er augenzwinkernd. Es gab aber tatsächlich Businsassen, die an einen organisierten nächtlichen Fußmarsch glaubten. Noch nie ist es mir passiert, dass eine Fahrt in einem öffentlichen Verkehrsmittel mit Beifall endete, aber dieser launige Busfahrer hatte es verdient.
Nun konnte ich mir ein schattiges Plätzchen suchen, denn ich hatte glücklicherweise eine Platzkarte für das Konzert, Parkett - 5. Reihe. Rund um den Innenraum waren im Zelt ein paar Bankreihen aufgestellt, bei denen es keine Platznummern gab. Wer dafür Karten hatte, musste sich frühzeitig in die Warteschlange vor dem Zelt einreihen, um sich ein schönes Plätzchen aussuchen zu können. Etwa um halb acht standen die ersten Besucher an, Einlass wurde ab 20.15h versprochen. Es wurde aber dann doch halb neun bis die Schlange, die inzwischen zur Riesenschlange angewachsen war, endlich beginnen konnte, vorwärts zu kriechen. So lange mussten die Wartenden in der schattenlosen Hitze ausharren. Da ich Kristin und ihre Begleiter nicht entdecken konnte, betrat ich das Zelt Viertel vor neun und kaufte im Eingangsbereich noch die CD 'Liebe - Schnaps - Tod' (16,50 Euro). Kristin hatte Karten in Reihe 9 in der Mitte. Da die Bestuhlung sehr eng war, mussten wir uns darauf beschränken, uns zuzuwinken. Dann nahm ich zwischen zwei mir unbekannten Herren Platz, vor mir saß eine Frau mit einer voluminösen Löwenmähne.
In dem vollen Zelt herrschten trotz der Abendstunde schweißtreibende Temperaturen, aber nichtsdestotrotz auch eine gute Stimmung. Konstantin Wecker bedankte sich folgerichtig kurz nach neun Uhr für den 'warmen' Empfang. Das Konzert begann mit 'Gut, wieder hier zu sein', gemeinsam gesungen; es folgte 'Mir geht's nicht gut, ich hab' den Wehdam' von Konstantin Wecker. Danach sang Hannes Wader drei Lieder hintereinander, von denen mir gleich das erste nicht mehr einfällt.
Die anderen beiden waren 'Erste Liebe' und 'Schön ist das Alter'. Und ab hier kann ich über die Reihenfolge nichts mehr sagen. In der Pause habe ich mit Kristin zusammen versucht, alle Lieder aufzuzählen, die wir gehört hatten, und sie meinte, nach dem Konzert würden sie ihr nach und nach wieder einfallen. Darauf habe ich auch gehofft, aber bei mir wird es immer weniger statt mehr. Woran ich mich erinnern kann, habe ich aufgeschrieben, vielleicht kannst Du ja evtl. Lücken schließen, Kristin. Nach der Pause tauchte die löwenmähnige Dame nicht mehr auf, ihr Stuhl blieb leer, und ich hatte freie Sicht auf die Bühne.
Hannes Wader besang mit 'Kleine Stadt' das elsässische Wissembourg, durch das ich auch an diesem Wochenende zweimal gefahren bin.
In einem seiner Lieder beklagte er, dass die Neo-Nazis seine Lieder singen.
Ich erinnere mich an ein griechisches Lied, das auf deutsch 'Oh, Du mein Fischerboot' heißen soll,
an eines über den Hamburger Kiez und
an eines über den Sommer in Nordfriesland (in der Pause hatte ich auch noch die CD 'Wünsche' für 16,50 Euro gekauft, auf der es ein Stück namens 'Sommernacht' gibt, aber das war es nicht, glaube ich, oder was meinst Du, Kristin?).
Auch 'Was passierte in den Jahren', das eigentlich von Konstantin Wecker ist, hörten wir von Hannes Wader.
Direkt vor der Pause sang er ein Anti-Kriegslied, dessen Refrain (dass wir alle gemeinsam gegen den Krieg sind) das Publikum mitsingen sollte, damit wir mit dem gemeinsamen Gefühl, etwas geleistet zu haben, in die Pause gehen könnten. Wader gab allerdings zu, dass er nicht davon ausgehen kann, dass wirklich alle im Zelt gegen den Krieg sind, aber für die anderen gäbe es auch eine Lösung: Sie sollten einfach nach oben schauen und nur mitsummen. Sie hätten den Vorteil, dass sie sich keinen Text merken müssten, und das sei gut so, denn sie seien ja auch die mit dem etwas beschränkteren Verstand. (Na ja, ich hab' den Refrain inzwischen auch schon wieder vergessen.)
Hannes Wader spielte abwechselnd mit zwei Gitarren, und nach jedem Lied kam ein Helfer gehuscht, der ihm die eine brachte und die andere abnahm. Reinhard Mey erwähnte mal, dass Hannes Wader dafür bekannt sei, stundenlang seine Gitarre zu stimmen. Ich nehme mal an, dass ihm das hinter der Bühne abgenommen wurde.
So, und was hatte uns Konstantin Wecker mitgebracht?
Eine aktualisierte Version des 'Willi',
'Im Namen des Wahnsinns',
'Wenn die Börsianer tanzen',
'Amerika'
und das kannte ich noch nicht: 'Der Waffenhändler-Tango', der mir sehr gut gefallen hat (mehr weiß ich leider nicht mehr darüber:-().
Vielleicht wurde das eine oder andere der genannten Lieder auch von beiden gemeinsam gesungen; auf jeden Fall haben sie 'Sag Nein!', 'Bella Ciao' und 'Es ist an der Zeit' zusammen gesungen. Das letzte hatte ich beim Liedertreffen zum ersten Mal gehört (von Peter? vorgetragen), es hatte einen tiefen Eindruck auf mich gemacht. Es ist wohl von Hannes Wader, denn im Begleitheft zum Bielefelder Konzert anlässlich seines 60. Geburtstages schreibt Konstantin Wecker: Und ich konnte mir selbst am Ende unserer Tournee nicht die Tränen verkneifen, wenn Du 'Es ist an der Zeit' sangst.
Im Zugabenteil sang Konstantin Wecker (u. a.) 'Was für eine Nacht' (oder sangen sie es zusammen?). Konstantin Wecker fragte Hannes Wader, wie lange er noch weiter machen wolle, er sei ja nun auch nicht mehr der Jüngste. Hannes Wader meinte, in 30 Jahren sei er 90, bis dahin müsste er sich wohl seine Hörner abgestoßen haben. Darauf antwortete Konstantin Wecker: "Ach, muss das schön sein, wenn man das Hörner-Abstoßen noch vor sich hat!" Abschließend sollte das Publikum wieder einen Refrain mitsingen und zwar zu dem Lied 'Wer weiß, was uns die Zukunft bringt'. Das Publikum war begeistert und rief nach weiteren Zugaben. Nachdem sie auf die Bühne kamen, noch einmal winkten, aber schon an einem Imbiss kauten, war klar, dass es vorbei war. Es war auch schon nach halb eins, und ich war etwas nervös, weil ich noch ein Autogramm von Konstantin Wecker wollte, und ich befürchtete, wir würden den letzten Bus verpassen. Ich hatte das Heft zu Waders 60. Geburtstag dabei, in das er schon in Bielefeld sein Autogramm geschrieben hatte, Reinhard Mey hatte ich bei der Tour im Herbst unterschreiben lassen, nur Konstantin Wecker fehlte noch. Es war dann aber nur ein klägliches Häufchen, das Autogramme haben wollte. Bei HW noch weniger als bei KW. Deshalb beeilte ich mich, die gerade erworbene CD 'Wünsche' aus ihrer Hülle zu befreien, um das Booklet signieren zu lassen, aber als ich die CD ausgepackt hatte, war er schon weg.
Seit meine Begeisterung für RM etwas abgekühlt ist, bin ich viel offener für andere Liedermacher als vorher. Von Hannes Wader wusste ich nichts, als ich im letzten Jahr zu dem großen Konzert nach Bielefeld fuhr. 'Heute hier, morgen dort' kannte ich, wusste aber nicht, dass es von ihm ist. Ich wusste nicht einmal, wie er aussieht. Kurz nach dem Bielefelder Konzert bin ich auf den Text vom 'Tankerkönig' gestoßen und fand ihn derart zum K....., dass ich mich nicht mehr mit HW beschäftigt habe. Erst jetzt merke ich, dass er sehr schöne Lieder schreibt und singt. Der kühle, etwas spröde Norddeutsche und der temperamentvolle Bayer passen sehr gut zusammen. Eigentlich war Reinhard Mey bei dem Dreier-Konzert im letzten Jahr ein bisschen fehl am Platz mit dem '51er Kapitän', 'Lass' Liebe auf uns regnen' und 'Ich wollte wie Orpheus singen'. Aber zu zweit sind sie ein tolles Team, und wenn man bedenkt, dass KW Mitte 50 und HW 61 ist, beeindruckt es um so mehr, wie die so ein Zelt voller Menschen mitreißen können. Ich möchte auch nicht versäumen, die beiden Musiker zu erwähnen, die das Konzert mitgestaltet haben: Zum einen Jo Barnickel am Flügel und am Keyboard, ohne den Konstantin Wecker keine Bühne mehr zu betreten scheint, und zum anderen der Mann, der Saxophon, Querflöte und dergleichen Instrumente spielte und für seine Kunst Sonderapplaus bekommen hat. Konstantin Wecker hat ihn vorgestellt und gesagt: "Nach Jahren treten wir endlich wieder einmal miteinander auf." Aber sein Name? Kristin, Hilfe!! Ich hab so was wie 'Nagel' verstanden, der Vorname ist mir ganz entwischt.
Nach dem Konzert pilgerten alle zur Bushaltestelle, wo auch bald ein Bus kam, der aber nicht die ganze Meute fassen konnte. Also warteten wir auf den nächsten und hatten das Glück, den verhinderten Entertainer als Fahrer zu erwischen. Nachdem er ein paar Informationen losgeworden war, fragte er, wie das Konzert war und ob wir noch Lust auf Musik hätten. Nachdem er Heino angeboten hatte (der Schlingel wusste natürlich, von welchem Konzert wir kamen), stöhnte der ganze Bus auf. Daraufhin hat er uns selbst ein Ständchen gebracht, bzw. mehrere. Somit endete auch diese Busfahrt wieder mit Gelächter und Applaus. Das Auto war schnell gefunden, und nachdem ich Kristin in Lahr abgeliefert hatte, machte ich mich auf den Heimweg. Um halb fünf fiel ich in die Federn - gerade noch rechtzeitig, denn Eingeweihte vom Liedertreffen wissen, dass mir um fünf Uhr die Augen zufallen. Zwei Stunden später hatte mich der Alltag wieder.
Aus der Tatsache, dass ich so Vieles vergessen habe, kann man zwar schließen, dass ich ein schlechtes Gedächtnis habe, es liegt aber auch an der Vielzahl intensiver Eindrücke, die der Abend gebracht hat. Wenn man diese beiden Männer erlebt, glaubt man ihnen, dass sie nicht nur für Geld, sondern aus Überzeugung singen. In Bielefeld saß ich noch in Reihe 18, aber in der fünften Reihe bekommt man natürlich wesentlich mehr mit, und wenn man Konstantin Wecker mit geschlossenen Augen singen hört und sieht, dann glaubt man, dass das alles ist, was er will. Wer noch Gelegenheit hat, ein Wader-Wecker-Konzert zu besuchen, aber noch im Zweifel ist, der sollte seine Zweifel vergessen und ganz schnell ein Ticket kaufen, bevor es zu spät ist.
Mit dieser Empfehlung verabschiedet sich
die rasende Reporterin Petra.
@Jürgen: Na, ist das ausführlich genug? Habe ich mir das Degenhardt-Lied verdient? Du hättest es ruhig schon schicken können; ich hatte keine 7 Millionen Mails in meinem Postfach, so sehr reißt man sich nicht um mich. Außerdem hatte ich meine drei amtlich geprüften e-mail-Postfachentleerer zu Hause gelassen. Und mein Mann weiß, dass man e-mails nachträglich als 'ungelesen' markieren kann.
@alle: Jetzt wisst Ihr auch, wem Ihr dieses lange Werk zu verdanken habt.:lol: