Courage
Immer wieder angekündigt, immer wieder vertröstet. Doch kurz vor Weihnachten war sie endlich in der Post: Courage, die neue CD von Klaus-André Eickhoff. Sofort rein ins CD-Laufwerk und gleich das erste Staunen: Ein Videoclip! Wer bist du? lautet der Titel und ich hab mich eigentlich nur gefragt: Warum bist du? Denn als der Clip zu Ende war, war’s das dann auch gleich wieder mit der CD. Denn zumindest mein Laufwerk im Notebook musste erst mal regelrecht überredet werden, doch bitte nun Track 1 bis 16 abzuspielen. Der Umweg über den Explorer machte es dann möglich. Nicht nur dieser Umweg lässt mich fragen – muss das sein? Braucht jetzt schon die CD eines klassischen Liedermachers Videoclips. „Die Zeiten haben sich geändert...“ früher hörte man einfach Musik.
Fünf Kapitel zum Rantasten
Aber auch die gibt’s ja auf dieser neuen CD. Und zwar reichlich in fünf Kapiteln mit _p_. Im präludium geht’s los mit dem Schweine-Tango. Und ich bin ganz ehrlich – ich hab zunächst gedacht, ich bin im falschen Film. Konnte es kaum fassen. Und hatte spontan Angst, die CD nicht zu mögen. Mir hat ein Konzertbesucher mal gesagt - Eickhoff? Das ist wie Reinhard Mey, nur jünger – dieses Mal dachte ich eher an eine verräucherte französische Spelunke, an Jacques Brel und an Mont Martre. Und unter uns – die Franzosen mag ich gar nicht so gern...
Nur gut, dass so ein präludium kurz ist und das zweite Kapitel schon _prominent_er daher zu kommen versprach. Aber prominent heißt nicht leicht, prominent heißt nicht eingängig. Nein – Titel Nr. 2 – das schaffen wir nicht – symptomatisch für meine erste Begegnung mit courage. Weniger passend aber Titel 3 ich verzichte. Nein, verzichten wollte ich ganz und gar nicht. Noch nicht. So schnell gebe ich nicht auf, dachte ich. Wenn ich auch die folgende Frage „Wie fühlt es sich an“ zu diesem Zeitpunkt noch bestenfalls mit „Weiß nicht, eher seltsam“ beantwortet hätte. Über Michels Abendlied zu Titel 6: sage nein! Und als hätte ich eine solche Aufforderung gebraucht – langsam hatte ich das Gefühl, dass der Knoten platzt. Und so ließ ich mich schon ein wenig entspannter auf das _panorama_ ein und spürte ihn gleich richtig, den gegenwind. Also ok, spring über deinen Schatten sang Eickhoff da und ich tat’s. Ich sprang einfach. Sprach nicht von Sieg und träumte. Wovon sprichst du, fragte er als nächstes und ich glaube, ich wusste so langsam, wovon er sprach, resp. sang. Titel Nr. 12 – wag den schritt. Ich wagte ihn und landete sanft im vierten Kapitel, überschrieben mit _persönlich_. Spätestens hier hatte ich ihn endlich wieder, den Klaus-André Eickhoff, wie ich ihn kenne und schätze. Und wer ihn kennt, der weiß genau, dass sein _p.s_ mehr als ernst gemeint ist: ich wünschte.
Second chance
Das war also mein erster Kontakt mit den 16 neuen Liedern. Mein erster Kontakt mit Courage. Bekommen, ins Laufwerk gelegt und rein gehört. Als wäre es Teil der Bedienungsanleitung, musste es wohl so sein, dass der Start der CD mit technischen Hindernissen verbunden war. Denn Courage ist nun mal keine CD, die man schnell hört, bei der Arbeit mal eben nebenbei hört. Ich tat das einzige Richtige. Legte sie wieder ein und mich auf die Couch. Und hörte einfach nur hin. So vorbereitet, eingestellt, warm gehört, ging es schon besser. Und immer mehr Lieder gefielen mir. Ich hörte sie wieder und wieder. Hörte nicht nur die Musik und die Texte – ich achte immer viel mehr auf Worte als auf Töne – ich hörte auch die aufwändigen Arrangements, bemerkte die perfekte inhaltliche Komposition. Konnte jetzt nachvollziehen, warum man so eine CD nicht einfach aufnimmt und fertig.
Musikalisches Essay
Wenn ich schon so lange brauche, um festzustellen, dass mir diese CD ausgesprochen gut gefällt, dann wird es dem Liedermacher nicht leicht gefallen sein, diese Lieder zu machen. Dieses Konzept zu erdenken. Denn das ist es, was mir vor allem aufgefallen ist, diese CD ist mehr als 16 Tracks hintereinander. Diese CD hört sich für mich wie ein Buch, zumindest wie ein Thema. Ein musikalisches Essay. Es ist keine leichte Kost. Wer die „kleinen Dinge“ oder „Wie wir uns nennen“ besonders mag, der wird sich umgewöhnen müssen. Eickhoff ist mit dieser CD einen ganz neuen Weg gegangen. Diese CD heißt nicht nur Courage. Sie ist auch couragiert. Und – das ist nicht mehr „wie Reinhard Mey“. Das ist wie Eickhoff.
p.s.
Die CD hat natürlich auch ein Drumherum. Die gute Nachricht zuerst: Die Hülle ist aus Pappe. Endlich mal nicht eine dieser Hartplastikhüllen, die sowieso immer nur zerbrechen. Was sich die Macher aber dabei gedacht haben, alles was Text ist an dieser CD im absatzlosen und stereotypen Blocksatz derart schwer lesbar zu präsentieren, das lass ich mir bei Gelegenheit mal von Klaus-A. selbst erklären. Ich bin sicher, es gibt einen tieferen Sinn. Ich hab ihn nur noch nicht gefunden. Dafür glaube ich, den Sinn erkannt zu haben, warum die junge Frau aus dem Video als einzige nicht groß herausgestellt wird und neben den Herren nicht in Erscheinung tritt. Das muss mit dem Titel zu tun haben: Wer bist du?
Ach ja – und Fischgrät-Muster war noch nie mein Ding. Aber ich glaub, das ist an dieser Stelle unerheblich.
(Erhältlich ist Courage ausschließlich über
www.ka-eickhoff.net )